Der feine weiße Sand vom Dueodde-Strand wird zwar nicht mehr in Sanduhren gefüllt, doch was Zeitmessung angeht, hat Bornholm noch immer seine ganz eigene Art. Auf der dänischen Ostseeinsel läuft das Leben so, wie es die Dänen mit dem Begriff „hygge“ umschreiben, aber eben noch einen Tick geruhsamer und gemütlicher als im Rest des Königreichs. Zum Wesen des Bornholmers gehört zudem eine ordentliche Portion Naturverbundenheit, weshalb es für die Insulaner zum Beispiel selbstverständlich ist, keinen Müll in die Gegend zu werfen.

Vom Dueodde-Strand im Süden (laut Individualreisebibel „Lonely Planet“ einer der besten der Welt) bis zu den steilen Granitformationen der Helligdomsklipperne im Norden finden Wanderer, Radfahrer und Genießer jede Menge Felder, Wiesen, Wälder und putzige kleine Orte wie aus dem Bilderbuch. Perfekt für Individualisten, die fernab von Stress und Hektik entspannt Urlaub machen wollen.

Weiterer Pluspunkt: „Bornholm ist die nachhaltigste Insel Europas“, sagt Helle Mogensen von Destination Bornholm. Umweltfreundlichkeit bestimme auf angenehme Weise den Alltag, wovon auch Touristen profitierten. Wir haben vier leuchtend grüne Beispiele zusammengestellt.

Hotels für Nachhaltigkeit ausgezeichnet

Bornholm profitiert zwar vom „Coolcation“-Trend, also einer Sommerfrische im wahrsten Wortsinn für alle, die vor der Sommerhitze am Mittelmeer in nördliche Gefilde fliehen. Doch die Saison ist kurz, denn der Frühling hält erst spät Einzug auf der Insel, 60 Prozent der 700.000 jährlichen Touristen kommen im Juli und August. Im Sinne der Nachhaltigkeit soll dieser Touristenstrom entzerrt und die Saison weit in Richtung Herbst und Winter verlängert werden. Und es stimmt ja: Wer bei einem winterlichen Strandspaziergang tapfer Wind und Regen getrotzt hat, kann sich umso mehr über Sauna, Zimtschnecken und einen schönen Nordic-Noir-Krimi am prasselnden Kamin freuen.

Die Saisonverlängerung soll aber auch die Angestellten im Gastgewerbe über einen längeren Zeitraum hinaus in Lohn und Brot halten können, wie etwa im „Green Solution House“, gut zwei Kilometer vom Zentrum der Inselhauptstadt Rønne entfernt. Aus der großzügigen Lobby fällt der Blick durch die Panoramafenster direkt in den Wald, hinter dem sich die Ostsee verbirgt. Die Zimmer sind skandinavisch klar und schlicht-schön eingerichtet.

Das aus dem alten Hotel „Ryttergården“ entstandene Haus ist ein Vorreiter in Sachen nachhaltiger Hotellerie, erzählt Hoteldirektorin Trine Richter stolz. Unter anderem wurden aus dem Holz, das beim Um- und Ausbau des Hauses übrig blieb, Regale, Bänke und Tische für die Zimmer gebaut; Duschwasser wird für die Toilettenspülung wiederverwendet. Bei der Energieversorgung helfen Solarzellen, Windkraft und aus Küchenabfällen gewonnenes Biogas. Dafür wurde das Haus mit dem internationalen Green-Key-Zertifikat ausgezeichnet.

Ebenso zertifiziert ist das „Hotel Siemsens Gaard“ im niedlichen Örtchen Svaneke. Das ehemalige Kaufmannshaus aus dem 17. Jahrhundert punktet außerdem mit Puppenstuben-Charme, einem Kräutergarten im Innenhof und Blick auf den kleinen Hafen.

Souvenirs aus recycelten Materialien

Aus Alt mach Neu – das geht auch mit Glas: Glasbläserin Pernille Bülow hat mit Überresten aus der Produktion von Insulin-Pens eine „Re Use“-Collection kreiert. Dafür wird das von einem Pharmaunternehmen gelieferte Altglas eingeschmolzen und in filigrane Trinkgläser, Vasen, Teller, Lampen verwandelt. In der Ladengalerie in Svaneke stehen sie zum Verkauf.

Zur Saisonverlängerung hat auch Pernille Bülow eine Idee: Auf ihre Initiative hin verwandeln sich das Hafenareal und das Zentrum des Fischerstädtchens Nexø neuerdings zur Adventszeit in einen Weihnachtsmarkt. Auf dem Bornholms Julemarked können beispielsweise handgefertigte Glasornamente für den Weihnachtsbaum, Kerzenhalter aus Glas und von ihr designte Lichterketten gekauft werden. Andere lokale Kunsthandwerker bieten besondere Werke aus Keramik, Holz, Metall oder Textilien, die sich angenehm von „Made in China“-Massenware unterscheiden, die auf vielen Weihnachtsmärkten vorherrscht.

Wer auf der Suche nach einem nachhaltigen, besonders ausgefallenen Bornholm-Souvenir ist, könnte bei Gitte Helle in Svaneke fündig werden. In ihrem „Containerjuwel“ widmet sich die Künstlerin dem Recycling von Dingen, die andere nicht mehr gebrauchen können: So kreiert sie beispielsweise Lampen aus alten Teetassen, Ringe und Manschettenknöpfe aus Schreibmaschinentasten oder Skulpturen aus Porzellanscherben.

Anzeige
Mit WELT günstiger verreisen: Deutsche-Bahn-Gutschein

Regionale Zutaten von Bornholm beim Essen

Bornholm war lange Zeit bekannt für seine Fischräuchereien. Besonders der Hering brachte Ruhm, doch die Ostsee ist überfischt, die legalen Fangmengen sind drastisch reduziert. Ein Umdenken ist also nötig.

Auf grüne Proteine setzt da beispielsweise Sussie Holmtoft. Als Gründerin von „Det levende Køkken“ (Die lebendige Küche) in Østermarie erklärt sie Besuchern, wie man Leckereien aus Linsen, Kichererbsen und anderen Hülsenfrüchten zubereiten kann.

Ihre Hauptzutaten für die Koch-Events bezieht sie über das Projekt „Food Bornholm“, für das die Bauern neben Gerste, Weizen und Raps vermehrt Eiweißpflanzen anbauen. Obst, Gemüse und Kräuter wachsen im Garten vor dem Haus. Alle weiteren Zutaten werden im lokalen Tante-Emma-Laden gekauft.

Mittlerweile setzen immer mehr Bornholmer Restaurants und Cafés auf regionale und saisonale Zutaten, haben mindestens ein vegetarisches Gericht auf der Karte oder bieten vegane Alternativen an. So etwa das „Râzapâz“ in Rønne. Der Name bedeutet so viel wie Wirbelwind und ist gut gewählt für diese unprätentiöse, gemütliche Mischung aus Restaurant, Weinbar und Töpferwerkstatt.

Betreiber Patrick Hult, der vorher in Kopenhagens Sternerestaurant „Noma“ gearbeitet hat, geht in Sachen Selbstversorgung noch einen Schritt weiter: Er serviert seine Gerichte auf von ihm selbst getöpfertem Geschirr. In einer praktischen Holzschachtel daher kommen dagegen seine „Tapas to go“ für ein Picknick oder den ersten Abend im Ferienhaus.

Bier, Säfte, Glühwein – alles bio

Auch Biergenuss geht umweltfreundlich. Bestes Beispiel dafür ist die Brauerei in Svaneke, wo Braumeister Peter Schrøder und seine Mitarbeiter Bio-Bier brauen und abfüllen. Unter anderem wird das beim Brauvorgang entstehende Kohlendioxid aufgefangen und für Soda verwendet, das Abwasser geht an Biogas-Hersteller, Abwärme wird zum Vorheizen des nächsten Braugangs benutzt.

Durch die Angebotspalette probieren kann man sich im ehemaligen „Svaneke Bryghus“ am Marktplatz. Bevor die Brauerei an den Stadtrand zog, wurde hier gebraut. Der große Kupferkessel ist noch immer zu besonderen Anlässen in Betrieb, doch mittlerweile beherbergt das alte Kaufmannshaus ein Restaurant mit einem Bio-Siegel in Bronze.

An der Wand im Eingangsbereich ist jedem der rund 30 Biere eine kleine Tafel gewidmet, die über den Alkoholgehalt der jeweiligen Sorte informiert – vom fruchtig-leichten Sunny Island Lager über das karamellig-süße Braunbier bis zum kräftigen Sweet-Mary-Bockbier. Ein Bier-Sommelier hilft, wenn die Wahl zu schwer fällt. Unbedingt probieren: das Dessert-Bier zum Nachtisch.

Auf Nachhaltigkeit setzt auch Bornholms Mosterei in Rønne. Hier arbeiten größtenteils eingeschränkte Menschen, die es auf dem normalen Arbeitsmarkt schwer hätten, erklärt Werkleiter Troels Dam. Gestartet als kommunales Beschäftigungsprojekt, ist das Unternehmen über die Jahre gewachsen, beliefert Restaurants, Hotels und Supermärkte. Holunderblüte, Rhabarber und Apfel, 100 Prozent bio und auf Bornholm angebaut, sind die beliebtesten Saftsorten. Für die Wintermonate gibt es einen Glögg, also Glühwein, aus Rotwein, Orangensaft, Bornholmer Spirituosen und scharfen Bio-Gewürzen – perfekt, um die Saison zu verlängern.

Tipps und Informationen:

Anreise: Von April bis Anfang Januar mit der Fähre von Sassnitz nach Rønne in knapp dreieinhalb Stunden (bornholmslinjen.dk). Zugverbindungen mit Möglichkeit zur Fahrradmitnahme über Kopenhagen und Ystad; von dort ganzjährig weiter per Schnellfähre in rund 80 Minuten (dsb.dk). E-Autofahrer können auf der Schnellfähre bei Bedarf bereits an Bord die Batterie aufladen. Ansonsten finden Urlauber bei vielen Hotels und Campingplätzen Ökostrom-Ladesäulen, in den größeren Orten ohnehin.

Unterkunft: „Hotel GSH“ in Rønne, Doppelzimmer mit Frühstück ab 197 Euro pro Nacht (bornholmhotels.dk/hotel-gsh/). „Siemsens Gaard“ in Svaneke (siemsens.dk), Doppelzimmer mit Frühstück ab 125 Euro. B&B bei „Det levende Køkken“ in Østermarie ab 95 Euro pro Doppelzimmer (detlevendekoekken.dk).

Auskunft: Dänisches Fremdenverkehrsamt, visitdenmark.de; Destination Bornholm, bornholm.info

Die Teilnahme an der Reise wurde unterstützt von Visit Denmark. Unsere Standards der Transparenz und journalistischen Unabhängigkeit finden Sie unter go2.as/unabhaengigkeit

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke