Papierflut für Kreuzfahrer
Das ist jetzt aber eine Rolle Papier rückwärts, könnte man meinen. Nach sieben Jahren kehrt Aida Cruises zum klassischen Katalog zurück, nachdem die Reederei ihn damals sang- und klanglos versenkt hatte. In vielen Punkten ist das Rostocker Unternehmen normalerweise ein Vorreiter der Branche: die Hängematte auf dem Balkon, das erste Brauhaus an Bord, die Currywurst unterwegs auf dem Meer. Und jetzt Retro? Wie passt das zusammen?
Papier ist geduldiger, könnte man auch sagen. Alexander Ewig, Senior Vice President Marketing & Sales bei Aida Cruises erklärt, dass trotz fortschreitender Digitalisierung viele Kunden einen gedruckten Katalog mit Preisen wünschten. Mit dieser Entscheidung möchte die Reederei auf die Bedürfnisse der Gäste eingehen. So vermissen nach Angaben einer Unternehmenssprecherin viele Stammkunden das haptische Gefühl. Raschel-raschel statt Tab-tab-tab auf dem PC.
Auch in Kreuzfahrer-Foren freut man sich: „Post-its reinkleben, gemeinsam blättern, Notizen an den Rand schreiben“, das gefällt vor allem älteren Gästen. Ein anderer urteilt: „Für diejenigen, welche sich bei Katalogen hinter Nachhaltigkeit verstecken, war das Kostenersparnis auf den Rücken der Kunden. Die dürfen sich dann alles im Internet suchen und mit ihren eigenen teuren Druckerpatronen die Unterlagen selbst erstellen.“
Viele junge Gäste aber halten Kataloge in traditioneller Form für reine Papierverschwendung, die nach der Reisebuchung ohnehin in der Blauen Tonne landen.
Was Kreuzfahrt-Passagiere ärgert
Tatsächlich sind es die Reisebüros, die ausdrücklich seit einer Weile nach Papier verlangen. Denn wer eine Kreuzfahrt dort statt online gebucht hat, dem möchte der bemühte Reiseagent auch gern etwas in die Hand mitgeben, statt nur die läppische Bestätigung auszudrucken oder per Mail zu senden. Und wer sich im Reisebüro noch nicht entscheiden kann, für den dient ein Katalog als Erinnerungsstütze für daheim.
Die Startauflage des neuen Aida-Katalogs 2025 bis 2027 beträgt 220.000 Exemplare, die Vorbestellungen laufen. Der 384-Seiten-Wälzer wird pünktlich zur ITB, der größten Reisemesse der Welt in Berlin, vorgestellt, um ihn dann per Post kostenlos zu liefern.
Da horcht die direkte Konkurrenz auf dem deutschen Markt auf. MSC Cruises setzt auf Online-Kataloge; bei TUI Cruises hat man sich ebenfalls vom Print-Wälzer verabschiedet, aus Gründen der Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Das Unternehmen lässt sich aber eine Hintertür offen: „Vorerst“, heißt es. Hapag-Lloyd Kreuzfahrten sowie Hurtigruten haben ihre klassischen Kataloge nie abgeschafft. Das gilt auch für Ponant oder Silversea.
Ob per Post verschickte Wälzer bei der Kundenbindung helfen, ist fraglich. Was Gäste mehr verärgert: Kofferanhänger, bei der Einschiffung Pflicht, wurden als Dreingabe abgeschafft. Die muss man nun selbst ausdrucken und basteln. Wer einen haltbaren mit Metallklammer haben will, muss dafür sogar bezahlen: Zwei „Mein Schiff“-Kofferanhänger kosten 12,95 Euro, drei bei Aida 4,95 Euro. Da könnten die Reedereien sie doch gleich als Papierschiffchen verschicken.
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