Wer in einer Wechselstube in Buenos Aires seine Euros tauscht, bekommt gewöhnlich ein Gummibändchen dazu – denn der Umfang eines Packens aus Tausend-Pesos-Scheinen ist voluminös. Derzeit entsprechen tausend Pesos einem Wert von 86 Eurocent, doch das kann sich laufend ändern.

Bei den Bündeln sollte man nicht sparen, denn mit der Inflation im Dauerkrisenland Argentinien schreitet auch die touristische Abzocke voran. Mittlerweile haben manche Eintrittspreise für Ausländer astronomische Höhen erreicht. Da fragt man sich, ob Besucher die Wirtschaft mit ihren Geldern ankurbeln sollen.

Das vielleicht drastischste Beispiel für touristische Abzocke findet man in der südlichsten Stadt Ushuaia, wo 1902 ein Straflager für Schwerstkriminelle entstand. Das große, heute museal umfunktionierte Gefängnis war bis Mitte des 20. Jahrhunderts Sammelbecken von Massenmördern wie Cayetano Santos Godino, der im Alter von 16 Jahren bereits drei Kinder auf dem Gewissen hatte, oder den Brüdern Leonelli, die im Keller ihrer Wechselstube in Mendoza getötete Kunden versteckten.

Hinter der Strafkolonie steckte die staatliche Idee, mithilfe der Gefangenen Feuerland zu kolonisieren. Gegenwärtig kostet der Eintritt in den einstigen Zuchthauskomplex für Ausländer 40.000 Pesos, umgerechnet 35 Euro. Zu fast demselben Preis käme man in Europa in zwei weltbekannte Kunstmuseen: den Louvre in Paris (22 Euro) und den Prado in Madrid (15 Euro).

Selbst der Recoleta-Friedhof in Buenos Aires kostet

Profit versucht man in Argentinien sogar aus einem Friedhof zu schlagen, was in anderen Weltgegenden undenkbar wäre. Der Zugang zum Recoleta-Friedhof in Buenos Aires, wo die berühmteste First Lady des Landes, Präsidentengattin und Schauspielerin „Evita“ Perón (1919-1952), begraben liegt, kostet 17.000 Pesos. Knapp 15 Euro. Legt man die Warteschlange als Maßstab an, scheint das kein Hinderungsgrund zu sein.

Die Reglementierung hat jedoch auch ihren Vorteil, denn Begegnungen mit dubiosen Gestalten stehen nicht zu befürchten. Aktuell warnt das Auswärtige Amt auf seiner Website: „Die Kriminalitätsrate ist in Argentinien recht hoch. Landesweit ist Vorsicht und Wachsamkeit angebracht. Selbst tagsüber und auch in besseren Wohngegenden kommt es zu Überfällen. Die Täter können bewaffnet sein und schrecken vor Gewaltanwendung nicht zurück.“

Im Gegensatz zum Recoleta-Friedhof verliert sich vor dem Ex-Gefängnis von Ushuaia fast keine Menschenseele. Selbst für Antarktis-Touristen, die im Hafen zu elitären Preisen in See stechen, scheint es ein Limit zu geben. Und das Ehepaar aus dem Schwabenland, das gerade einen Blick auf die Eingangstafel wirft, winkt entsetzt ab. In der aktuellen Ausgabe ihres Reiseführers habe die Hälfte des Preises gestanden, versichern sie unisono.

Bei Nationalparks greift Argentinien zu

Reichlich Kasse macht Argentinien mit Eintritten in Nationalparks, wo gewöhnlich eine Dreiklassen-Gesellschaft herrscht. Für die berühmten Wasserfälle von Iguazú, Weltnaturerbe der Unesco, bezahlen Ausländer 45.000 Pesos (fast 40 Euro), Bewohner der umliegenden Provinz 5000 Pesos (4,30 Euro) und alle übrigen Argentinier 15.000 Pesos (knapp 13 Euro).

Dieselben Tarife gelten für den Nationalpark Los Glaciares mit Traumgletschern wie dem Perito Moreno. Etwas preisgünstiger ist es für auswärtige Reisende im Feuerland-Nationalpark westlich von Ushuaia: 30.000 Pesos, gut 26 Euro.

Essen gehen, das ist ein weiteres Kapitel für sich. In einer gewöhnlichen Burger-Ausgabestelle kostet ein Big Mac umgerechnet sieben Euro, ein Cappuccino in einem modernen Café vier bis fünf Euro, ein gemischter Salat im touristisch frequentierten Gastro-Markt San Telmo in Buenos Aires 17 Euro.

Geht man zu dritt in ein gehobenes Steakhaus und bestellt zu den Fleischportionen zwei Rotweinflaschen Malbec, muss man am Ende bei der Rechnung in Höhe von 230 Euro schwer schlucken. Ein saftiges Steak beim Argentinier daheim um die Ecke – inklusive einer Folienkartoffel mit Kräuterbutter und Selbstbedienung am Salatbuffet – kann kurioserweise günstiger sein.

Wo Eintritt ohne Gebühren möglich ist

All das deutet auf eine erhebliche Schieflage in Argentinien hin. Laut der Website der globalen Datenbank Statista liegt das argentinische Bruttoinlandsprodukt pro Kopf und Jahr bei 12.000 Euro (im Vergleich: Deutschland über 50.000) – und wird sich laut Prognosen zeitnah nicht wesentlich ändern.

Monstereintritte hin oder her: Es gibt auch Beispiele zum Nulltarif. Das sind in Buenos Aires die Kathedrale, das historische Rathaus (Cabildo) und die wichtigste Instagram-Attraktion, der „Caminito“, das „Wegelein“, mit seinen bunten Häusern im Viertel La Boca.

Und bei der Menschenrechtsorganisation der Mütter der Plaza de Mayo, die Ende der 1970er-Jahre als Protest gegen die Militärdiktatur und Verschwundene aufkam, kann man kostenloser Zaungast sein oder gegen das Vergessen und soziales Unrecht sogar mitmarschieren: immer donnerstags um 15.30 Uhr auf der Plaza de Mayo.

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