Es ist ein schwüler Augusttag. Hunderte Menschen mit Hüten und Sonnenbrillen marschieren über den heißen Asphalt, eskortiert von bewaffneten Soldaten. Entschlossen schreitet die Menge voran. Ihr Marsch führt sie vorbei an knorrigen Bäumen, weiten Plantagenfeldern und prächtigen Herrenhäusern.

Das Ziel der Demonstranten ist Baton Rouge am Mississippi, Hauptstadt von Louisiana. Mit ihrem Marsch wollen sie für die Gleichberechtigung von Schwarzen und Weißen eintreten – und die Museumsbesucher sind quasi mittendrin. Natürlich nicht in der Realität, denn der 160-Kilometer-Marsch, der längste der US-Bürgerrechtsbewegung, fand vor 57 Jahren statt.

Doch im Multimedia-Raum des Louisiana Civil Rights Museum in New Orleans fühlt es sich an, als sei man selbst Teil des Protestzuges, bei dem im Sommer 1967 rund 600 Afroamerikaner zehn Tage lang bei sengender Hitze für ihre Rechte kämpften. Von künstlicher Intelligenz auf eine Leinwand projiziert und mit dramatischer Musik untermalt, wirkt der Zug fast wie echt. Ein Gänsehaut-Moment.

Die virtuelle Show ist der Höhepunkt in dem Museum, das sich dem Kampf der Schwarzen gegen Rassendiskriminierung in den 1950er- und 1960er-Jahren widmet. Auf Informationstafeln und in Filmen berichten Zeitzeugen über die Schikanen, denen Afroamerikaner in Louisiana lange ausgesetzt waren – in der Wahlkabine, in der Schule, beim Besuch eines Restaurants, im Bus.

Gedenken an Ruby Bridges in New Orleans

Freiheitskampf spielt in Louisiana eine große Rolle – und wird an vielen Orten vermittelt. Die neue Ausstellung liegt nur wenige Minuten vom historischen Vergnügungsviertel im French Quarter entfernt, für das die Stadt hauptsächlich bekannt ist.

Museums-Kuratorin Brenda Williams ist über 70 Jahre alt. „Als ich aufwuchs, gab es in Louisiana noch separate Trinkwasserbrunnen für Schwarze und Weiße“, erzählt sie. Wenige Jahre später erklärte der Oberste Gerichtshof die Rassentrennung in Schulen für illegal und läutete damit das Ende der staatlichen Diskriminierung ein.

Doch an den Schulen zog der Fortschritt nur langsam ein, etwa an der William Frantz Elementary School, einem Backsteinbau im Osten von New Orleans. Vor dem Schulgebäude steht eine Gedenktafel, im Innenhof die Statue von Ruby Bridges. Sie ist eine Ikone der Bürgerrechtsbewegung.

Die Sechsjährige besuchte 1960 als erste schwarze Schülerin die bis dato allein Weißen zugängliche Schule. Nur eine Lehrerin war bereit, Bridges zu unterrichten, ein Jahr lang war diese die einzige in ihrer Klasse. Polizisten eskortierten das Mädchen täglich ins Klassenzimmer 2306, das originalgetreu restauriert wurde. „Sie hat viel Mut bewiesen“, erinnert sich einer der Beamten.

Kuratorin Brenda Williams aber wollte sich so etwas nicht antun. Als Mädchen ging sie auch nach dem offiziellen Ende der Rassentrennung freiwillig auf eine rein schwarze Schule. „Dort habe ich mich einfach wohler und sicherer gefühlt“, erzählt sie. Nicht wenige verließen erst damals jene Baumwollplantagen am Mississippi, auf denen ihre Vorfahren aus Afrika einst als Sklaven geschuftet hatten und sie mittlerweile als freie Pächter lebten.

Die wohl meist fotografierte Plantage in Louisiana

Der Weg von New Orleans zu jenen Plantagen führt auf Landstraßen durch moorige Marsch- und Sumpflandschaften den mäandernden Mississippi River entlang. Pelikane, Kraniche und Reiher kreisen am Himmel, in der Luft steht die feuchte Hitze.

Hier beginnt das Zuckerrohr-Plantagenland. Da wäre etwa die Oak Alley am Westufer des Mississippi, die wohl meist fotografierte Plantage Louisianas, die heute ein Museum beherbergt. Zu ihr führt eine Allee aus 28 uralten, von Moos und Flechten überwucherten Virginia-Eichen. Das streng im Greek-Revival-Stil erbaute Herrenhaus mit Veranda und dorischen Säulen liegt in ihrem Schatten.

Viele Besucher bleiben im kühlen Haus, geführt von einem kostümierten Guide im „Von Winde verweht“-Look. Vorne Luxus, hinten Leid. Draußen stehen rekonstruierte Holzhütten, die von der Geschichte der versklavten Menschen erzählen.

Man geht vier, fünf Treppenstufen hoch. Der Raum ist stickig, die Holzdielen knarren. Ein Schaukelstuhl, ein zerschlissenes Baumwollhemd an einem Nagel, eine Matratze als Schlafplatz für vier oder fünf Menschen. Eine Holztafel nennt die Vornamen von Menschen, die hier einst gelebt haben: Moses, Elise, Roselia, Joseph, Tom.

Nur eines der vielen dunklen Kapitel der Geschichte

Nebenan steht die St. Joseph Plantation, eine der wenigen noch bewirtschafteten Zuckerrohrplantagen in Louisiana. Obwohl in Privatbesitz, kann sie besucht werden. Die heutige Besitzerfamilie zeigt Licht und Schatten der Südstaaten-Geschichte. Sechs von einst 26 Original-Hütten stehen auf einem Feld. Die Schindeln sind von der Sonne verblichen. In den 1960er-Jahren lebten in diesen Hütten noch Pächterfamilien, Nachkommen der Versklavten.

Auch die Oakley Plantation nahe St. Francisville wurde von versklavten Menschen errichtet. „Nach der Fertigstellung durften die meisten das Haus nicht mehr betreten“, sagt John House, der als Ranger für die Plantage arbeitet, die heute als Museum vom Staat verwaltet wird. Die luxuriösen Räume sind voller Prunk: wuchtige Möbel, silbernes Besteck, kristallene Gläser, Ölgemälde.

Auf einer Wiese, nur ein paar Schritte weiter, auch hier der scharfe Kontrast: die Schuppen der „Haus-Sklaven“ mit einem Kamin, einem Bett, einem Tisch und einem Stuhl. Der Ranger erklärt, dass bis zu drei Familien zur selben Zeit darin leben mussten. Sie galten damit bereits als „privilegiert“ und durften als Diener, Köchinnen oder Gärtner im oder rund um das Herrenhaus arbeiten.

Das ist für Brenda Williams aus dem Civil Rights Museum nur eines der vielen dunklen Kapitel der langen Geschichte der Afroamerikaner. Die wahre Gleichheit von Schwarzen und Weißen sei noch lange nicht erreicht: „Wir sind noch immer dabei, den wirtschaftlichen Rückstand aufzuholen, den die Sklaverei verursacht hat“.

Tipps und Informationen:

Anreise: Zum Beispiel mit Lufthansa und United Airlines über Washington D.C., weiter nach New Orleans.

Unterkunft: New Orleans: etwa im „Nopsi Hotel“ unweit vom French Quarter, Doppelzimmer ab 152 Euro (nopsihotel.com). St. Francisville: „Myrtles Plantation“, Gästehäuser im Landschaftspark, ab 210 Euro pro Nacht (themyrtles.com).

Besichtigungen: New Orleans: Louisiana Civil Rights Museum, empfehlenswerte Ausstellung zur Bürgerrechtsbewegung (louisianastatemuseum.org). Vacherie: Oak Alley, oakalleyplantation.org, und gleich nebenan St. Joseph, stjosephplantation.com. St. Francisville: Oakley, (lastateparks.com).

Essen: New Orleans: „Chemin à la Mer“, kreolische Küche mit Blick auf den Mississippi (cheminalamer.com). St. Francisville: „Restaurant 1796“, Fisch und Meeresfrüchte (themyrtles.com).

Weitere Auskünfte: explorelouisiana.com; travelsouth.visittheusa.com

Die Teilnahme an der Reise wurde unterstützt von Travel South USA und dem Louisiana Office of Tourism. Unsere Standards der Transparenz und journalistischen Unabhängigkeit finden Sie unter go2.as/unabhaengigkeit.

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