Davor haben alle Reisenden Angst: Das Gepäckband am Zielflughafen dreht und dreht sich, aber der eigene Koffer taucht nicht auf. Das bedeutet eigentlich immer Scherereien und Stress. Immerhin können Flugpassagiere in solchen Fällen jetzt von höheren Entschädigungsgrenzen profitieren. Die Internationale Zivilluftfahrtorganisation ICAO hat die entsprechenden Werte – ziemlich unbemerkt von der Öffentlichkeit – bereits zum Jahresbeginn um etwa 285 Euro angehoben.

Egal, wie teuer der Inhalt war: Bisher erhielten Reisende, deren Koffer verschwunden oder zerstört war, maximal 1288 Sonderziehungsrechte, das entspricht rund 1580 Euro, erstattet. Wessen Koffer samt Inhalt teurer war, der blieb auf dem Rest der Wiederbeschaffungskosten sitzen. Sonderziehungsrechte (SZR) sind übrigens die Kunstwährung des Internationalen Währungsfonds. 1 SZR entspricht etwa 1,18 Euro.

Nun sind die Grenzen um knapp 18 Prozent angehoben worden. Die neue Haftungsobergrenze liegt bei 1519 SZR, das sind etwa 1865 Euro. Die Anpassung soll die Inflation seit der letzten Anpassung vor fünf Jahren kompensieren und scheint auch wirklich nötig: Denn schon teure Koffer allein wie der Rimowa Essential Trunk Plus kosten aktuell knapp 1200 Euro. Die neuen Haftungsgrenzen gelten übrigens bereits für Flüge seit dem 28. Dezember 2024.

Das Abkommen gilt nur für internationale Flüge

Wie viel ein Reisender höchstens als Schadenersatz bekommt, wenn sein Gepäck verloren geht, beschädigt wird oder verspätet kommt, regelt das „Montrealer Übereinkommen“ über Haftungsfragen im zivilen Flugverkehr. Es ist in 140 Staaten – darunter Deutschland – in Kraft. Die ICAO verwaltet den Vertrag und ist für die regelmäßigen Anpassungen zuständig.

Die Ratifizierung ist nicht unerheblich, denn auch wichtige Reiseländer wie Thailand und die Türkei haben das Abkommen nicht ratifiziert. In diesen Fällen sind die Fluggesellschaften nicht verpflichtet, die Bestimmungen des Montrealer Abkommens anzuwenden. Außerdem gilt das Abkommen ausschließlich für internationale Flüge. Es findet keine Anwendung auf rein nationalen Flügen.

Ebenfalls um knapp 18 Prozent angehoben wurden die Höchstbeträge für Tod oder Körperverletzung – etwa im Fall eines Absturzes. Statt zuvor 128.821 SZR gibt es jetzt maximal 151.880 SZR. Das entspricht etwas mehr als 186.000 Euro. Auch die anderen Höchstbeträge werden um rund 18 Prozent angehoben – für Verspätungen bei der Personenbeförderung etwa auf 6303 SZR oder rund 7700 Euro.

Achtung: Bei allen Beträgen handelt es sich um Obergrenzen und nicht um automatisch auszuzahlende Beträge. Allerdings gelten die Obergrenzen manchmal auch nicht – dann nämlich, wenn die Fluggesellschaft eindeutig durch vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten selbst zum Schadenseintritt beigetragen hat.

Was Passagiere bei Gepäckverlust tun müssen

Weniger oder gar kein Geld gibt es umgekehrt, wenn sich der Reisende nicht richtig verhalten hat. Bleibt das Förderband leer, ist die wichtigste Vorschrift, dass die Reisenden den zuständigen „Lost & Found“-Schalter aufsuchen müssen. Der wird meist von Dienstleistern betrieben, gelegentlich auch von der Fluggesellschaft selbst. Ein Tipp: Zeichnet sich ab, dass aufgrund eines verspäteten Zubringers das Gepäck nicht mit umgeladen wurde, sollte man sich beeilen – vor dem Schalter bildet sich schnell eine lange Schlange.

Dort müssen die Reisenden ein sogenanntes PIR-Formular ausfüllen (PIR = Property Irregularity Report, Bericht über Unregelmäßigkeit beim Gepäck). Bei einigen Fluggesellschaften funktioniert die Meldung inzwischen auch elektronisch über die Handy-App der Airline.

Die Schadenersatzforderung muss spätestens 21 Tage nach dem Flug der Fluggesellschaft zugegangen sein – inklusive Gepäckabschnitt und am besten auch mit Kaufrechnungen, zum Beispiel vom verlorenen Koffer. Achtung: Bei Beschädigungen hat man nur sieben Tage Zeit. Tatsächlich entschied etwa das Oberlandesgericht Frankfurt schon vor Jahren: Wer seinen Schaden zu spät anzeigt, hat das Nachsehen (Az. 16 U 66/12).

Ist das Gepäck nicht mit dem Reisenden am Zielflughafen gelandet, darf man sich Ersatz zum Beispiel für fehlende Kleidung kaufen. Dabei ist es ratsam, sparsam und nur das Nötigste einzukaufen. Denn meistens taucht der Koffer ja irgendwann wieder auf, und dann werden die Kosten für die Ersatzkleidung nur anteilig erstattet. Tipp: Wer die Zahlung der Fluggesellschaft für zu niedrig hält, der kann natürlich dagegen klagen. Kostenlos und nicht weniger erfolgversprechend ist es, die Schlichtungsstelle Reise & Verkehr in Berlin einzuschalten.

Tracker helfen bei der Ortung der Koffer

Ferner ist es hilfreich, wenn das Gepäck gut erkennbar gekennzeichnet ist. Neben einem Namensaufkleber sollte auch im Inneren ein Hinweis auf den Eigentümer vorhanden sein, etwa durch einen oben aufgelegten Zettel mit Heimat- oder Hoteladresse. Außerdem sollten die Passagiere darauf achten, dass alte Gepäckaufkleber von früheren Flügen und besonders deren Strichcodes entfernt sind. Und im Zweifel helfen markante Koffergurte, das falsch abgestellte Eigentum auch aus der Ferne zu identifizieren.

Ein cleverer Travel Hack sind elektronische Gepäck-Tracker, mit deren Hilfe das Fluggepäck vom eigenen Mobiltelefon geortet werden kann. Die bekanntesten solchen Tracker sind Samsungs Galaxy SmartTag und Apples AirTag.

Die IOS-Funktion „Share Item Location“ machen sich bereits zahlreiche Fluggesellschaften zunutze. Sie integrieren die kleinen runden Ortungsgeräte als Teil ihres Suchdienstes bei verschwundenen Gepäckstücken. Zu den Airlines, die bei diesem System dabei sind, zählen Air Canada, Air New Zealand, British Airways, Delta, Iberia, KLM, Lufthansa, Qantas, Singapore Airlines, Turkish Airlines und United Airlines.

Darüber hinaus hat auch der Airport-Ausrüster SITA die Funktion in seine Software integriert. Die wird von Gepäckabfertigern an über 2800 Flughäfen verwendet. Die Funktion „Share Item Location“ ist Teil von iOS 18.2. Der unter „Find My“ freigegebene Standort wird deaktiviert, sobald ein Benutzer wieder mit seinem Artikel vereint ist, kann vom Eigentümer jederzeit gestoppt werden und läuft nach sieben Tagen automatisch ab. Link-Empfänger müssen sich authentifizieren.

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