Was deutsche Urlauber an Großbritannien so lieben
Je nostalgischer, desto besser. Aus britischer Sicht sind deutsche Urlauber ausgesprochen pflegeleicht: Viele kommen in Scharen immer wieder, trotz Brexit und Teuerung, um die Sehnsucht nach diesem unnachahmlichen britischen „Country Life“ zu stillen. Jedes Jahr reisen Millionen von Deutschen auf die britischen Inseln: Viele können von Cottages und Castles, Pubs und High Tea nicht genug bekommen.
Bei Wind und Wetter fahren sie von Castle zu Castle, wandern durch die Grafschaften, spazieren durch öffentliche Parks, schippern gern die Themse hoch, um in private Lustgärten der Prachtvillen am Ufer zu schauen.
Viele von ihnen träumen von diesem unnachahmlichen britischen Landleben, das noch immer stilvoll zelebriert wird, egal ob im Schloss oder Cottage. Nur Großbritannien bietet europaweit so viel Individualität, so viel Freiheit auf dem Lande, voller versnobter Skurrilität und lieb gewonnener Bräuche.
Die schönsten Landschaften in Großbritannien
So gehört das Magazin „Country Life“, erstmals erschienen im Jahr 1897, seit vielen Generationen heute wie damals zum britischen Lifestyle auf dem Land – und wird auch gern von Touristen als Souvenir mitgenommen. Es beschäftigt sich mit all den schönen Dingen, die so typisch britisch sind: Bauerngärten und Salon-Interieur für den Afternoon Tea, Rezepte für hausgemachte Pies und Minzsauce, Hunde- und Pferdezucht-Tipps, Hauswirtschafter-Anzeigen und Jagd-Accessoires.
Da passt es, dass der für seine Bildbände bekannte Taschen-Verlag diesem Phänomen des stilvollen Old-School-Reisens durch Großbritannien jetzt einen neuen pompösen XXL-Wälzer widmet. Er heißt „British Isles 1900“, gut sechseinhalb Kilogramm schwer, dreisprachig in Englisch, Französisch und Deutsch und bietet mehr als 800 Fotochrome-Abbildungen auf 608 Seiten (taschen.com). Das Werk hat jedoch seinen aristokratischen Preis: 150 Euro.
Der Bildband huldigt den Traditionen – als nostalgische Landpartie zum Nachreisen. Er zeigt, wie weichgezeichnet, in pastellfarbenen und warmen Tönen Großbritanniens schönste Landschaften, von Kent über Yorkshire bis zu den schottischen Highlands. Alle Abbildungen stammen aus der Zeit von 1889 bis 1910, beim Blättern durch das opulente Buch wähnt man sich auf einer historischen Panoramareise.
Stellenweise hält man inne, freudig fasziniert, dass diese typischen Landschaften auch heute noch, mehr als ein Jahrhundert später, gepflegt und bewahrt werden. Wie die schmalen, von Hecken gesäumten Feldsteinwege und Weidenmäuerchen, wie die knorrigen Alleen mit Torwärterhäusern und Herrensitzen. Für Nostalgiker kann ein Urlaub oft gar nicht britisch genug sein – und manchmal verhalten sich Urlauber britischer als die Briten.
Stilvoll logieren im Cottage oder Herrenhaus
Eine aktuelle Befragung von Visit Britain ergab: „Deutsche versuchen, eine Unterkunft mit ‚Charakter‘ zu finden.“ Das sind zum Beispiel Cottages oder Herrenhäuser, wie sie auch in dem Bildband gezeigt werden: je stilvoller und mit Patina, desto besser.
Während die Einheimischen bei Ferien im eigenen Land eher schicke Apartments und neue Ferienhäuser bevorzugen, kann für deutsche Urlauber ein Cottage oder eine Bed-&-Breakfast-Unterkunft gar nicht alt genug sein, am besten aus georgianischer oder viktorianischer Zeit mit Feldsteinen und Zinnen, mit Zugluft aus den Fensterritzen und quietschenden Wasserhähnen.
Die klassische Cottage-Wirtin zeigt dann gern im Nieselregen ihren blühenden Garten, zum gemeinsamen Tee im Wintergarten serviert sie in Porzellantässchen Schwarztee mit Milch, und die selbst gebackenen Kekse dürfen, britisch korrekt, getunkt werden. Eine Tradition, so charmant wie nostalgisch. Falls man nicht weiß, worüber man mit der netten Wirtin reden soll, dann gehen Gartentipps immer – oder die Frage, ob man erst die Milch und dann den Tee oder umgekehrt einschenken sollte. Darüber herrscht selbst bei den Briten kein Konsens.
2024 kamen gut drei Millionen Gäste aus Deutschland, damit sind sie hinter US-Amerikanern und Franzosen die größten Briten-Fans – trotz Brexit, Reisepass-Pflicht und gestiegenen Preisen wegen der hohen Inflation. Damit sind wieder fast so viele deutsche Urlauber auf der Insel wie vor Brexit und Corona (2019 wurden 3,2 Millionen deutsche Privatreisende gezählt). Viele sind Wiederholer, mehr als drei von fünf Urlaubern kommen innerhalb von zehn Jahren erneut nach Großbritannien.
Feiern zum Jubiläum von Jane Austen
2025 rechnet Visit Britain mit mehr als 3,2 Millionen Deutschen. Denn es wird ein Nostalgiejahr ganz nach dem deutschen Geschmack: Großbritannien feiert den 250. Geburtstag der georgianischen Schriftstellerin Jane Austen, deren Klassiker („Stolz und Vorurteil“) immer wieder neu verfilmt werden, mit Touren durch den Südwesten des Vereinigten Königreichs. Besucher können in Hampshire, Steventon, Southampton, Winchester und Bath Jane-Austen-Feierlichkeiten aller Art erleben – von Promenaden im Regency-Stil bis hin zu Themenfestivals.
Zugleich feiert Großbritannien 200 Jahre Eisenbahn: 1825 fuhr der erste dampfbetriebene Personenzug der Welt im Nordosten Englands, 42 Kilometer zwischen Shildon über Darlington nach Stockton. Das Jubiläum wird 2025 in ganz England gefeiert mit vielen Dampfloktouren auf mehr als 100 Strecken. Und ab Juli rollt der „Britannic Explorer“ der Belmond-Gruppe, der erste Luxus-Schlafwagenzug in England, auf viertägigen Reisen von London nach Cornwall, zum Lake District und nach Wales. Es gibt nur Suiten in den historisch gestalteten Zugabteilen.
Das ist genau nach dem Geschmack vieler Deutscher. Sie schätzen, das ergab eine Befragung von Visit Britain, solche nostalgischen Landpartien ganz besonders, um alte Gemäuer, Dörfer und Bauernhöfe anzuschauen, schätzen Geschichte, klassische Kultur und Sehenswürdigkeiten. Zu den Aktivitäten, die potenzielle Besucher aus Deutschland lieben, zählen auch „durch die englische Landschaft fahren“, „Wildtiere im schottischen Hochland beobachten“ sowie „in einem gemütlichen ländlichen Pub bei einem Bier mit den Einheimischen Geschichten austauschen“.
Ab dem 2. April 2025 wird eine Reise nach Großbritannien allerdings kostspieliger. Dann kommt auf alle Urlauber eine neue Einreisegebühr zu, Bundesbürger benötigen ab diesem Zeitpunkt zusätzlich zum Reisepass auch eine gebührenpflichtige elektronische Einreisegenehmigung (ETA). Sie kostet zehn Pfund (etwa 11,80 Euro) und gilt für zwei Jahre. 2026 soll die Gebühr auf 16 Pfund (etwa 19 Euro) steigen.
Doch stoische deutsche Briten-Fans wird auch das nicht schrecken. Zur Einstimmung auf die nächste Nostalgiereise werden so manche von ihnen in dem XXL-Bildband schmökern, um die nächste britische Landpartie stilvoll vorzubereiten.
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