Die Lufthansa hält ihre Kunden auf Trab. Während 2024 das Statussystem reformiert wurde, folgt zum 3. Juni 2025 eine tiefgreifende Änderung des Systems für Prämienflugbuchungen. Meilenexperte Alexander Koenig, Gründer der Vielfliegerberatung First Class & More, beantwortet die wichtigsten Fragen.

WELT: Was sind die gravierendsten Änderungen?

Alexander Koenig: Das Einlösen von Meilen wird zum 3. Juni gänzlich verändert. So erfolgt die Einlösung von Meilen künftig nach flexiblen Werten. Und diese orientieren sich an den jeweils geltenden Preisen auf einer Strecke (Dynamic Pricing). Das heißt, wenn sich die Kauftickets verteuern, müssen Reisende, die Tickets über Meilen erwerben wollen, entsprechend mehr Meilen ausgeben. Bislang ist das noch anders, so haben bestimmte Flugstrecken im Rahmen des „Miles & More“-Programms immer den gleichen Meilenpreis, unabhängig davon, wie hoch der Preis für ein bezahltes Ticket war.

WELT: Gelten die neuen flexiblen Meilenpreise für alle Airlines der Lufthansa Group?

Koenig: Nein, sie greifen vorerst nur für die Lufthansa, Swiss, Austrian Airlines sowie Lufthansa City. Bei anderen Fluggesellschaften der Lufthansa Group wie Brussels Airlines, bei anderen „Miles & More“-Airlines, etwa LOT, und bei den Star Alliance Partnern der Lufthansa, beispielsweise Singapore Airlines, bleibt es bei den festen Meilenwerten.

WELT: Warum bewirbt die Lufthansa ihre Reform als Verbesserung?

Koenig: Bislang bietet „Miles & More“ eine eigene Tarifklasse für Prämientickets, die flexibel sind und die Sitzplatzreservierung und Gepäck beinhalten. Das ist für Meilensammler bequem, bedeutet aber zugleich, dass für Meilentickets immer der teuerste reguläre Ticketpreis zugrunde gelegt wird. Und dieses starre System ändert „Miles & More“ nun. So können Meilensammler künftig zwischen allen regulären Tarifen wählen und ihre Meilen auch für Tickets einsetzen, die im Rahmen des „Light“-Tarifs, also ohne Gepäck, Sitzplatz oder Umbuchungsmöglichkeiten, sowie im Basic Tarif angeboten werden. Damit besteht die Möglichkeit, weniger Prämienmeilen für ein Ticket auszugeben.

WELT: Mit wie viel Ersparnis können Meilensammler rechnen?

Koenig: Laut einer Tabelle von Lufthansa „Miles & More“ mit Beispielwerten für das dynamische Pricing werden Economy-Class Light Tarife bei Interkontinentalflügen teils erheblich unter den bisherigen Meilenwerten liegen. So finden sich in den Lufthansa-Unterlagen Langstreckenverbindungen, die – wenn man sie nach den neuen „Miles & More“-Regeln buchen würde – nur 10.000 Prämienmeilen kosten. Das heißt, für Economy-Class-Flüge ist das neue System besser, sofern man auch mit einem abgespeckten Ticket ohne Stornierbarkeit und Freigepäck leben kann. Das gilt auch für Europastrecken.

WELT: Wird es auch bei den festen Meilenwerten Änderungen geben?

Koenig: Ja, das aus 2019 stammende bisherige Award Chart wird zum 3. Juni angepasst und gilt dann für alle Airlines außer Lufthansa, Lufthansa City, Swiss und Austrian Airlines. Hier kann man grob sagen: In der Economy-Class bleiben die Werte nahezu gleich, ebenso bei Premium Economy. In Business- und First Class hingegen steigen die Werte für die meisten Ziele um zehn bis 20 Prozent und für Australien und Südostasien gar um 35 beziehungsweise 41 Prozent.

WELT: Wie wirkt sich die Reform auf Lufthansa-Meilentickets für Business- und First Class aus?

Koenig: Diese werden in fast allen Fällen teurer, teilweise sogar signifikant. Allerdings gibt es im Rahmen des Dynamic Pricing auch Fälle, in denen es zu bestimmten Daten für bestimmte Strecken sogar günstiger wird. Zudem wird es generell bessere Verfügbarkeiten für Prämienflüge geben. Allerdings muss man sich darüber im Klaren sein: Die attraktiver bepreisten Prämientickets sind nicht mehr dasselbe wie vor der Reform. Wer weiterhin voll flexibel mit Freigepäck und Sitzplatzauswahl buchen möchte, zahlt im Schnitt sicherlich 20 bis 30 Prozent mehr. In einzelnen Fällen auch deutlich mehr. Bislang kann man die Auswirkungen der dynamischen Preisgestaltung nicht abschließend bewerten.

WELT: Gibt es noch mehr Hiobsbotschaften für Vielflieger?

Koenig: Die Austrian-Meilenschnäppchen, Lufthansa-Meilenschnäppchen und Swiss-Meilenschnäppchen sind ab Juni Geschichte. Damit fällt eine der beliebtesten Prämienkategorien des „Miles & More“-Programms weg. Stattdessen soll es sogenannte Award Flight Deals geben, die sich an Angeboten im Rahmen von bezahlten Tickets orientieren sollen. Die bisherigen Meilenschnäppchen-Angebote werden lediglich für Brussels Airlines, Discover Airlines und LOT fortgeführt.

WELT: Wie sieht es mit spezifischen Vorteilen für Lufthansa Senatoren und HON Circle Members aus?

Koenig: Der beliebte Companion Award, bei dem eine mitreisende Person nur den halben Meilenpreis zahlen muss, bleibt erhalten. Die Senator-Warteliste für Prämienbuchungen und die HON-Circle-Buchungsgarantie bleiben ebenfalls unangetastet. Auch was die beliebten Upgrades angeht, gibt es vorerst keine Veränderungen. Das heißt, Upgrades sind nach dem 3. Juni weiterhin zu fixen Werten möglich und richten sich nach den entsprechenden Verfügbarkeiten.

WELT: Sind die Veränderungen bei „Miles & More“ für Meilensammler eher positiv oder negativ zu bewerten?

Koenig: Das neue System ist für den Meileneinsatz in Business- und First Class ohne Zweifel eine klare Verschlechterung. Allerdings machen die ersten von Lufthansa „Miles & More“ zur Verfügung gestellten dynamischen Preise Hoffnung, dass es nicht so schlimm kommt, wie zunächst befürchtet. Bisher kann man sagen: Economy-Reisende profitieren, ebenso Meilenflugbuchungen in Europa. In Business- und First Class muss man mit Erhöhungen von 20 bis 30 Prozent rechnen. Daher empfiehlt es sich, noch so viele Buchungen wie möglich im alten System vor dem 3. Juni zu machen.

Alexander Koenig ist Gründer der Vielfliegerberatung First Class & More (first-class-and-more.de). Der Wirtschaftswissenschaftler war zuvor als Berater bei McKinsey & Co. sowie der Boston Consulting Group tätig.

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