Mit einer klassischen Kreuzfahrt hatte die Postschiffroute noch nie viel zu tun. Seit 1893 fahren die Schiffe der Hurtigruten entlang der norwegischen Küstenlinie.

Anfangs ging es von Trondheim bis Hammerfest, einige Jahre später dann auch von weiter südlich, von Bergen bis hinauf nach Kirkenes vor der russischen Grenze. Heute laufen zehn Schiffe in zwölf Tagen bis zu 34 Häfen auf dieser berühmten Route an. Und dazu kommen noch die Schiffe der Havila-Reederei.

Nein, eine klassische Kreuzfahrt ist das auch heute nicht, zumal die Schiffe eher einen Linienfährdienst betreiben, um Städte und Dörfer des Nordens zu versorgen. An- und Ablegen, oft auch in der Nacht, ist dabei für manch potenziellen Passagier eher Hindernis als Attraktion, auch wenn das norwegische Landschaftskino entlang der Küstenroute mit seinen Fjorden, Bergen und kleinen Dörfern mit roten Häuschen kaum zu überbieten ist.

Aus diesen Gründen hat sich die Reederei etwas einfallen lassen: Ein Postschiff wurde umfunktioniert vom Linienschiff zum Kreuzfahrtschiff, aus der „MS Finnmarken“ wurde die „MS Otto Sverdrup“. Abfahrtshafen ist nicht Bergen, sondern Hamburg. Vermarktet wird die Seereiseroute unter dem Namen „Auf den Spuren der Postschiffroute“ und als „Nordkap-Linie“.

Tatsächlich verläuft die Reise deutlich anders als der Klassiker, nicht nur wegen der Anfahrt von Hamburg nach Norwegen. Statt 34 Häfen werden in Norwegen in knapp zwei Wochen nur noch elf Küstenorte angelaufen. Und das Schiff stoppt auch mal in Orten, die gar nicht zu den klassischen Postschiffhäfen zählen.

Staunende Kinder am Kai

Wie etwa in Træna. Der kleine Felsarchipel verteilt sich über 1000 kleine und kleinste Inseln, wovon nur Husøy, Selvær, Sanna, Sørsandøy und Nordsandøy bewohnt sind. Es liegt etwa 65 Kilometer vor der Küste nur wenig südlich des Polarkreises. Die Bewohner leben hauptsächlich vom Fischfang.

Viel los ist hier nicht, außer es ist mal wieder einmal im Jahr Musikfestival oder es legt ein Passagierschiff an. Aber ein solch großer Pott wie die „MS Otto Sverdrup“, die im Vergleich zu aktuellen Kreuzfahrtschiffen noch putzig klein ist, schaffte es bisher noch nicht in den kleinen Hafen von Husøy. Dazu braucht es schon eine Sonderlizenz und einen erfahrenen Kapitän. Deswegen stehen beim Besuch immer wieder alle Kita- und Grundschulkinder am Kai und staunen.

Zur Feier des Tages dürfen sie sogar das Schiff besichtigen, während die Passagiere Husøy erkunden. „Das sieht fast aus wie eine Invasion, wenn 300 Personen in rotgelben Helly-Hansen-Jacken über die Insel wandern – aber eine positive Invasion“, freut sich die Leiterin des kleinen Tourismusbüros. Für die Besucher wurden extra Leihräder angeschafft. Die meisten pilgern jedoch zu Fuß hinauf zur Petter-Dass-Kapelle kurz unterhalb des höchsten Punktes der Insel. Dort hat man einen faszinierenden 360-Grad-Blick auf den Felsarchipel.

Die Lofoten stehen zwar auf dem Fahrplan der Postschiffroute, aber nicht der äußerste Westen mit dem putzigen Hafenort Reine. Nirgendwo sonst in dieser Inselwelt zeigt sich eine so dramatische Kulisse aus zackigen Felswänden, tiefblauem Meer und den roten Rorbuern, den klassischen Fischerhütten.

Der ehemalige Walfängerhafen wurde deshalb als Nordnorwegens Symbol für Legoland in Dänemark mit den berühmten Steinen en miniature nachgebaut. Ganz in der Nähe liegt auch Å, das Dorf mit dem kürzesten Ortsnamen der Welt. Es zählt nur rund 30 denkmalgeschützte Häuschen, darunter auch ein Museum zur Tran-Herstellung und ein Stockfischmuseum. Apropos Stockfisch: In Reine und Å stehen dekorativ Hunderte Holzgestelle, auf denen noch heute Kabeljau getrocknet wird.

Bis in den Frühling Ski fahren

Auch Sæbø zählt nicht zu den regulären Postschiffhäfen. Der Hafen ist so klein, dass große Schiffe dort nicht anlegen können und deshalb die Passagiere entweder mit der lokalen Fähre oder mit dem Tenderboot an Land gebracht werden müssen. Das Dorf liegt wunderschön am Hjørundfjord, eingebettet zwischen wuchtigen Bergmassiven am östlichen Ende des Bondalen-Tals.

Helga, die Leiterin des Expeditionsteams, meint dazu: „Sæbø ist für mich typisch für Norwegen. Eine kleine Holzhaussiedlung mit Kirche irgendwo abseits in faszinierender Landschaft.“ Sæbø zeigt sich jedoch schon etwas geübter mit Besuchern. Die Rentner, die sich am winzigen Hafen zum Smalltalk treffen, sind wenig beeindruckt von den fremden Spaziergängern. Auf Fragen zu Kultur und Geschichte der Fjordsiedlung geben sie aber gerne und ausführlich Antwort.

In der Ortskirche veranstalten heimische Musiker gelegentlich ein Konzert mit lokalen Weisen. Nur wenige Kilometer weiter oben am Pass kann man bis weit in den Frühling Ski fahren – entweder auf den Pisten von Ørsta oder querfeldein mit den Crosscountry-Ski inklusive Hüttenübernachtung.

Ein Ausflug zum ehemaligen Gletschersee

Rosendal ist der Sonderhafen am Ausgang des Hardangerfjords. Der schmucke 400-Seelen-Ort liegt südlich von Bergen, also gar nicht mehr an der Postschiffroute. Das schmälert jedoch keineswegs seine Attraktivität, die nicht nur auf seiner Lage, sondern auch auf dem herrlichen Renaissanceschlösschen „Baroniet“ beruht. Es wurde im 17. Jahrhundert von der reichen Familie Rosenkrantz aus Bergen erbaut und ist von einem prächtigen Rosengarten umgeben.

Von Rosendal nach Bondhus führt die sogenannte „Eisstraße“ direkt am Fjord entlang. Der Hardangerfjord präsentiert sich nicht so typisch schroff mit steilen Felswänden, sondern fast schon lieblich mit Obstgärten und winzigen Bauerndörfern. In Bondhus wurden früher Eisstangen aus dem Folgefonna-Gletscher gehackt und zur Kühlung von Fisch, Bier und anderen Lebensmitteln in die Siedlungen transportiert.

Auch hier zeigt sich bereits deutlich der Klimawandel, denn der Gletscherfuß ist heute mehrere Stunden Fußmarsch von der Küste entfernt. Eine kleine Wanderung zum ehemaligen Gletschersee ist ein landschaftliches Erlebnis. Und zur Stärkung gibt es danach im alten Gasthaus „Ola Løo“ in Bondhus Kaffee und süße Lefse, eine Art Wrap mit Butter und Zucker.

Das Kreuzfahrtschiff wendet am Nordkap

Selbstverständlich dürfen auf einer Seereise auf den Spuren der Postschiffroute auch Norwegens Metropolen – Oslo ausgenommen – nicht fehlen. Die „Otto Sverdrup“ macht ausgiebige Stopps in Bergen, Ålesund, Trondheim und Tromsø.

Der Vorteil der Sonderfahrt: Das Schiff geht in den sehenswerten Städten mindestens jeweils für sechs bis sieben Stunden vor Anker. Da bleibt genügend Zeit für Highlights wie Bryggen, das Hanseviertel von Bergen, die Jugendstilhäuser in Ålesund, den Nidarosdom von Trondheim und die Eismeerkathedrale sowie das Polarmuseum von Tromsø.

Ach ja, das Nordkap darf natürlich keinesfalls ausgelassen werden, es ist sozusagen das Ziel und der Wendepunkt der Reise. Alternativ wird dafür der winzige Hafen von Skarsvåg angepeilt. Allerdings kann es in dieser stürmischen Ecke passieren, dass das Schiff bei allzu großem Wellengang auf den klassischen Nordkap-Hafen Honningsvåg ausweichen muss. Sicherheit geht eben vor!

Auf klassische Bordunterhaltung müssen die Passagiere auf der Nordkap-Linie genauso verzichten wie auf den Postschiffen – kein Bingo, kein Shuffleboard, keine Shows. Stattdessen kommen Natur- und Kulturinteressierte auf ihre Kosten. Jeden Tag bieten Wissenschaftler interessante Vorträge über die Meeresbiologie, Walforschung, Geologie oder den Fischfang an Norwegens Küste.

Und der Bordfotograf gibt Tipps, wie man auch mit dem Smartphone gelungene Fotos und Videos machen kann. Langweilig wird es wohl den wenigsten an Bord. Ganz im Gegenteil: Eine Reise mit der Nordkap-Linie kann ganz schön anstrengen, wenn man keinen Programmpunkt versäumen möchte. Aber zum Erholen wartet dann auf der Rückfahrt nach Hamburg ein Seetag, wo bei Sonnenschein viele im Deckchair dösen und die Reise nochmals Revue passieren lassen.

Tipps und Informationen:

Nordkap-Linie: Die Zwei-Wochen-Reise ab Hamburg kostet ab 2999 Euro pro Person in der günstigsten Kabine bei Doppelbelegung (hurtigruten.com).

Weitere Auskünfte: visitnorway.de

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