Bedingungsloses Grundeinkommen macht zufriedener und mental gesünder
- Leipzigerin erfüllte sich mit Grundeinkommen einen Traum
- Teilnehmer reduzierten Arbeitszeit nicht mehr als andere
- Welche Folgen die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens haben könnte
Das bedingungslose Grundeinkommen wirkt sich "signifikant positiv" auf die Menschen aus. Dies geht aus der ersten deutschen Langzeitstudie hervor, deren Ergebnisse am Mittwoch durch den Verein "Mein Grundeinkommen" vorgestellt wurden. Demnach arbeiten die Bezieher nicht weniger als andere, sind aber insgesamt zufriedener und mental gesünder.
An der Studie zum "Pilotprojekt Grundeinkommen" hatten knapp 1.700 Personen teilgenommen. 122 von ihnen erhielten drei Jahre lang, von Juni 2021 bis Mai 2024, ein bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) und dabei monatlich 1.200 Euro steuerfrei. Im Fokus der nun veröffentlichten Studie standen erwerbstätige Einzelpersonen zwischen 21 und 40 Jahren mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 1.100 bis 2.600 Euro – also die jüngere Mittelschicht.
Leipzigerin erfüllte sich mit Grundeinkommen einen Traum
Für die Teilnahme an dem spendenfinanzierten Projekt – und damit eben für ein bedingungsloses Grundeinkommen – bewarben sich seit 2014 Millionen Menschen. Dabei wurde auch die Losnummer von Romy aus Leipzig gezogen. Seit Juni 2024 bezieht die 34-Jährige ein sogenanntes "utopisches Grundeinkommen". Das bedeutet: Ein Jahr lang jeden Monat 1.000 Euro. "Damit habe ich mir einen Traum erfüllt", sagt die Psychologin.
Sie habe so eine nebenberufliche Selbstständigkeit als Künstlerin initiieren können, erzählt Romy. "Ende des vergangenen Jahres habe ich eine berufliche Auszeit dafür genommen". Sie male vor allem mit Acryl- und Ölfarben auf Leinwand und ihre Website gehe bald online. Dennoch habe sich Romy ein finanzielles Polster anlegen können.
Teilnehmer reduzierten Arbeitszeit nicht mehr als andere
Eine häufig geäußerte Kritik an einem bedingungslosen Grundeinkommen für alle ist, dass die Menschen dann ihre Arbeitszeit reduzieren würden und dies zu Problemen für die Wirtschaft führen könnte. Doch die Studienteilnehmer reduzierten ihre Arbeitszeit nicht weiter als andere Menschen. Es gab in dieser Hinsicht keine Differenz zwischen Grundeinkommens- und Vergleichsgruppe, teilte der Verein "Mein Grundeinkommen" mit. Die BGE-Bezieher bildeten sich aber häufiger weiter und waren zufriedener mit ihrer Erwerbssituation.
Es wäre wünschenswert, wenn in Wissenschaft, Politik und Gesellschaft künftig verstärkt faktenbasiert gestritten würde.
"Die Ergebnisse liefern einen Beitrag zur evidenzbasierten Versachlichung der Debatte um das Narrativ des Grundeinkommens", erklärte Professor Jürgen Schupp, der die Studie beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) geleitet hat. "Es wäre wünschenswert, wenn in Wissenschaft, Politik und Gesellschaft künftig verstärkt faktenbasiert gestritten würde", führte er fort.
Mehr Ruhe im Alltag und höheres Selbstvertrauen
"Es gibt einem viel Ruhe im Alltag und es hat auch das Selbstvertrauen gestärkt", schildert Romy. Sie hatte das Grundeinkommen parallel mit einer Freundin gewonnen und beide hätten dadurch viele Schritte nach vorn machen können. Ihre Freundin habe so mit 40 ein Studium beginnen können, was sonst weitaus schwerer umsetzbar gewesen wäre.
Da mussten wir nicht ganz genau aufs Geld schauen und ob es am Ende des Monats noch reicht.
Es seien aber auch kleinere Dinge gewesen, die das Leben insgesamt angenehmer gemacht hätten. Romy und ihre Freundin gehen gern auf Konzerte. "Da mussten wir nicht mehr ganz genau aufs Geld schauen und ob es am Ende des Monats noch reicht", sagte Romy. Anderseits seien es auch nicht eine Million Euro gewesen, so dass "man mit dem Grundeinkommen schon sehr bewusst umgeht".
Erst Wünsche erfüllen, dann finanzielles Polster anlegen
Laut Studie erfüllten sich die ausgelosten Teilnehmer mit ihrem Grundeinkommen zuerst lang gehegte Wünsche. Später sparten und investierten allerdings viele und bauten sich so nachhaltig finanzielle Sicherheiten auf.
Während der Studienlaufzeit soll der Anteil derer mit einem Vermögen von weniger als 10.000 Euro auf 13 Prozent, im Vergleich zu 27 Prozent in der Vergleichsgruppe, gesunken sein. Zudem teilten die Menschen mit BGE mehr als doppelt so viel Geld mit ihrem Umfeld oder durch Spenden als die Vergleichsgruppe – etwa 125 Euro pro Monat.
Damit haben laut dem Verein die Probanden ihren Handlungsspielraum deutlich erweitern können und das allgemeine Wohlbefinden gesteigert. Das habe sich auch durch weniger Stress, besseren Schlaf und ein erfüllteres Sozialleben gezeigt.
Der zentrale Bestandteil der Datenerhebung waren regelmäßige Online-Fragebögen. An der Studie zur Wirkung des BGE waren unter anderem das DIW Berlin, die Wirtschaftsuniversität Wien, das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung und die University of Oxford beteiligt.
Welche Folgen die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens haben könnte
Die Vorstandsvorsitzende von "Mein Grundeinkommen", Klara Simon, sagt: "Ein BGE kann zu massiven Einsparungen im Gesundheits- und Sozialsystem führen. Denn: Mental stabile Menschen können produktiver und innovativer arbeiten". Zudem könne das BGE in einem modernisierten Sozialsystem die Chancengleichheit erhöhen. "So kann es ein wirksames Instrument gegen die wachsende soziale Ungleichheit in diesem Land sein, die unsere Demokratie gerade von innen aushöhlt."
Aus Sicht des Vereins sei ein bedingungsloses Grundeinkommen von monatlich 1.200 Euro für alle Bürger finanzierbar. Dies habe ein bereits 2023 gemeinsam mit dem DIW entwickelter Finanzierungsrechner ergeben. Über 80 Prozent der Bevölkerung hätten so am Ende mehr Geld, für sieben Prozent ändere sich nichts, zehn Prozent müssten mehr zahlen.
Das Ganze könnte laut "Mein Grundeinkommen" vor allem durch eine höhere Einkommensteuer, die Abschaffung von Steuerprivilegien und nicht mehr notwendige Sozialleistungen finanziert werden.
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