Der Bundesnachrichtendienst liefert Hinweise zu einem möglichen Labor-Ursprung des Coronavirus. China ruft zur Zurückhaltung auf. Merkel weist Vertuschungsvorwürfe zurück.

Nach Berichten über Erkenntnisse des Bundesnachrichtendienstes (BND) zur Entstehung des Coronavirus hat China zur Zurückhaltung gemahnt. In den Berichten ging es um Hinweise für die Hypothese, das Virus entstamme einem Labor in China. 

"In der Frage des Coronavirus lehnt China jegliche Form politischer Manöver entschieden ab", sagte Außenamtssprecherin Mao Ning in Peking. Die Volksrepublik vertrete die Ansicht, dass wissenschaftliche Fragen von Wissenschaftlern beurteilt werden sollten.

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Überrascht wurden von den Berichten nicht nur chinesische Regierungsbeamte, sondern auch die Mitglieder des für die Kontrolle der Geheimdienste zuständigen Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) des Bundestages. "Es gibt leider ein grundsätzliches Problem: Rund 80 Prozent aller Skandale, Pannen und hochbrisanten Vorgänge erfahren wir nicht in den zuständigen Gremien, sondern über die Medien", kritisiert Linken-Politiker André Hahn, der dem PKGr bis Ende 2023 angehörte. "Das ist in den letzten Jahren etwas besser geworden", räumte er ein. 

Hahn sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Das Thema Corona stand nicht im Zentrum unserer Tätigkeit." Fragen zum Ursprung des Virus habe man eher im Gesundheitsausschuss verortet. "Wenn die Bundesregierung dazu nachrichtendienstliche Erkenntnisse hatte, dann wäre sie aber verpflichtet gewesen, das PKGr zu informieren. Ob sie diese dann zusätzlich auch öffentlich macht, das steht auf einem anderen Blatt." 

Die chinesische Außenamtssprecherin verwies auf eine Expertengruppe der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die in Wuhan mit Forschern relevanter Laboratorien gesprochen habe. Diese sei zu dem Schluss gelangt, dass ein Durchsickern des Virus von dort "höchst unwahrscheinlich" gewesen sei, erklärte Mao.

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Für die WHO ist die Untersuchung zu Corona nicht abgeschlossen

Allerdings betont die WHO seit vier Jahren, dass alle Hypothesen zum Ursprung des Virus Sars-CoV-2 weiter auf dem Tisch lägen. Die Untersuchung 2021 sei nur der Anfang, nicht das Ende gewesen. Die WHO hat China erst Ende Dezember 2024 wieder aufgerufen, "Daten und Zugang zur Verfügung zu stellen, damit wir die Ursprünge von Covid-19 verstehen können. Dies ist ein moralisches und wissenschaftliches Gebot."

Wie mehrere Medien berichteten, hatte das Kanzleramt Wissenschaftler gebeten, Indizien des BND zur Behauptung zu prüfen, das Coronavirus entstamme einem Labor in der zentralchinesischen Stadt Wuhan. Der "Neuen Zürcher Zeitung" zufolge lagen dem BND plausible Hinweise für die sogenannte Laborthese vor. Diese sollten demnach bei Treffen in den vergangenen Monaten von einer Expertenrunde bewertet werden.

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Informationen zur Einschätzung dieser Experten lagen zunächst nicht vor. Auch die "Süddeutsche Zeitung" und die "Zeit" berichten über entsprechende Rechercheergebnisse. 

Der Laborthese zufolge stammt das Sars-CoV-2-Virus aus einem chinesischen Biolabor, dem Wuhan Institute of Virology, an dem unter anderem an Coronaviren geforscht wird. Die zweite Theorie ist, dass das Virus wie auch schon das der Sars-Epidemie von 2002/2003 einen natürlichen Ursprung hatte.

Auf die Berichte angesprochen, hatte Kanzler Olaf Scholz (SPD) bei einem Pressetermin im Kanzleramt am Mittwoch lediglich geantwortet: "Was nachrichtendienstliche Erkenntnisse betrifft, ist dies nicht der Ort, darüber zu sprechen." 

Merkel weist Vorwurf grundsätzlich zurück

Seine Vorgängerin, Altkanzlerin Angela Merkel (CDU), verwahrte sich angesichts der Berichte über Geheimdiensterkenntnisse zum Ursprung des Virus gegen Vertuschungsvorwürfe in Bezug auf ihr politisches Handeln.

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"Bundeskanzlerin a. D. Dr. Merkel weist den in Ihrer Frage formulierten Vorwurf ganz grundsätzlich zurück", teilte eine Sprecherin dem "Tagesspiegel" mit. Die Zeitung hatte das Büro Merkels nach einer Reaktion auf den Vorwurf gefragt, das Kanzleramt habe relevante Informationen vor der Öffentlichkeit vertuscht.

Der PKGr-Vorsitzende, Konstantin von Notz, hatte generell begrüßt, "dass sich auch der Bundesnachrichtendienst intensiv mit der Frage nach dem Ursprung des Coronavirus beschäftigt". Die Bundesregierung und die Nachrichtendienste müssten dazu in den kommenden Tagen in den dafür vorgesehenen Gremien umfassend berichten, auch über die Zeitabläufe und zur Frage, wer was wann wusste.

DPA rw
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