Die NHL legt sich Putins Vorzeigeprofi zu Füßen
Die Leistung ist historisch, die Marke scheinbar einer für die Ewigkeit. Und deshalb wurde Alexander Owetschkin gefeiert, als er den NHL-Torrekord von Wayne Gretzky brach. Doch nicht alle jubeln. Denn die neue Bestmarke von 895 Treffern ist eine mit Beigeschmack.
Alle anderen sprangen auf, Alexander Owetschkin tauchte ab, schlitterte bäuchlings über das Eis der UBS Arena in New York. Soeben hatte er für seine Washington Capitals getroffen. Mal wieder. Wie so oft seit seinem ersten Spiel in Nordamerikas Eishockey-Profiliga NHL vor mittlerweile fast 20 Jahren. Doch dieser Treffer war anders als alle 894 vorherigen. Er war nicht so wichtig, denn Washington verlor bei den New York Islanders 1:4, aber er war wertvoll.
Zum 895. Mal hatte dieser Alexander Michailowitsch Owetschkin den Puck in ein NHL-Tor geschossen - so oft, wie kein anderer in der Liga-Geschichte. Bis zur Partie am Sonntagnachmittag war er gleichauf gewesen mit Wayne Gretzky. Doch nun hatte "The Great Eight", wie Owetschkin in Anlehnung an seine Rückennummer acht genannt wird, die weltweit wohl bekannteste Eishockey-Legende, "The Great One", Wayne Douglas Gretzky, hinter sich gelassen.
Spieler gratulieren, Fans jubeln, Gretzky klatscht
Als sein Schlagschuss in der 28. Minute ins Netz zischte, wurde die ausverkaufte Arena zum Epizentrum der Emotionen. Owetschkin riss den Mund weit auf, seine Mitspieler stürmten auf ihn zu, die Gegenspieler gratulierten, die Fans, egal, ob im Capitals- oder im Islanders-Trikot, skandierten "Owi, Owi!" Und oben in einer der VIP-Logen klatsche Gretzky Beifall. "Ich bin begeistert, freue mich für ihn. Alex ist ein echter Wettkämpfer. Dies ist ein großartiger Tag für das Eishockey", sagte Gretzky im ersten von vielen Interviews an diesem Tag.
Direkt neben seiner Loge saß Dennis Seidenberg. Der Schwarzwälder hatte 2019 seine NHL-Karriere nach 15 Jahren beendet und gehört seitdem zum erweiterten Trainerstab der New York Islanders. Als Owetschkin seinen Rekordtreffer schoss, freute sich auch Seidenberg. "Sowas zu erreichen ist schon bemerkenswert. Es war ein cooles Erlebnis, das live zu sehen", sagte er gegenüber n-tv.de.
"Wie ein junger Bulle"
Er hatte Owetschkin oft auf dem Eis gegenüber gestanden. Und jedes Mal sei es "eine meiner größten Herausforderungen" gewesen, bekannte der ehemalige Verteidiger. Vor allem in seinen Anfangsjahren habe der Russe beim Forechecking "wie ein junger Bulle" agiert, jeden gecheckt - auch im Höchsttempo.
Diese Art Eishockey zu spielen, hat Owetschkin beliebt und gefürchtet zugleich gemacht. Er ist zwar längst nicht mehr so wild und draufgängerisch, aber auch mit 39 Jahren immer noch äußerst torgefährlich. "Jedes Mal, wenn er auf dem Eis war, wenn er den Puck berührt hat, war die Anspannung in der Halle spürbar", sagt Seidenberg. Viele Islanders-Fans hatten sich Owetschkins Rekordjagd zu Nutzen gemacht, ihre Dauerkarten für die Partie am Sonntag an Capitals-Anhänger verkauft, die oftmals mehr als 1000 Dollar dafür bezahlten.
Ein Rekord für die Ewigkeit?
Sie wollten einfach dabei sein, wenn ihr Kapitän Eishockey-Geschichte schreibt. "Was für ein Augenblick für das Eishockey, meine Familie, mich selbst, den Verein und meine Mitspieler. Das ist riesig", meinte Owetschkin nach seinem historischen Treffer. Das Spiel wurde für mehr als zehn Minuten unterbrochen, um den Moskauer und seinen besonderen Moment entsprechend zu würdigen.
Am 5. Oktober 2005 hatte Owetschkin in seinem ersten NHL-Spiel erstmals getroffen. Nun, am 6. April 2025, insgesamt 7123 Tage später, ist er der Rekordtorschütze der stärkten Eishockeyliga der Welt. Rekorde seien dazu da, um gebrochen zu werden, betonte Gretzky. Aber ob es jemals einen Spieler geben werde, der Owetschkins Bestmarke knacken könne? Er sei sich da nicht sicher, so der Kanadier.
Superstar Draisaitl knapp 500 Tore entfernt
Zum Vergleich: Leon Draisaitl spielt seine elfte NHL-Saison. Der Kölner im Trikot der Edmonton Oilers ist seit Jahren einer der Topstars der Liga und aktuell mit 52 Treffern der beste Torschütze. Seit der Spielzeit 2018/19 hat er, zusammen mit Auston Matthews von den Toronto Maple Leafs, die meisten Tore erzielt (jeweils 324). Dennoch liegt Draisaitl mit seinen insgesamt geschossenen 399 Treffern noch 496 Tore hinter Owetschkin zurück. Was der mit seinen 39 Jahren noch leiste, sei "einfach unglaublich", meinte Draisaitl anerkennend.
Nach Owetschkins geschichtsträchtigem Tor spielte die Liga auf dem Videowürfel jede Menge Glückwünsche anderer Superstars ein. Von Michael Phelps, LeBron James, Katy Ledecky über Tom Brady, Simone Biles und Michael Jordan bis hin zu Snoop Dogg, Vince Vaughn und Danny DeVito. Kritische Stimmen gab es kaum. Sie waren auch im Vorfeld nur vereinzelt zu vernehmen.
Instagram-Profilbild mit Putin
Dabei gibt es eine Seite bei Owetschkin, die durchaus kritikwürdig ist. Die all seinen Erfolgen und Rekorden auf dem Eis Kratzer versetzt - und seiner Bestmarke einen Beigeschmack gibt: seine Nähe zu Wladimir Putin. Er ist der Vorzeige-Profi des russischen Präsidenten, der neben Judo auch Eishockey zu seinen großen Passionen zählt. Owetschkin hat zwar mehr als einmal betont, sich nicht politisch äußern zu wollen. Doch er hat eben auch seinen Instagram-Account, auf dem 1,6 Millionen Menschen ihm folgen. Sein Profilbild zeigt ihn mit dem Machthaber, zudem gibt es weitere Fotos der beiden.
Owetschkin hat auch Videos von Putin hochgeladen, er hat Putin im Wahlkampf 2018 unterstützt und er war sich auch nicht zu schade, Kreml-Propaganda auf seinem Kanal zu teilen. So hatte Owetschkin am 28. August 2014 ein Foto geposted, auf dem er einen Zettel mit der Botschaft "Rettet Kinder vor Faschismus" hochhält. Mit dieser perfiden Indoktrination hatte Putin damals unter anderem die Annexion der Krim gerechtfertigt.
Starke Kritik von Torwart-Legende Hasek
Als Russland im Februar 2022 die Ukraine überfiel, sagte Owetschkin das, was Athleten in solchen Situationen oft sagen. Er sprach davon, dass es keinen Krieg geben dürfe, dass alle zusammen in Frieden leben müssten. Doch all das wirkte eher wie eine vorgefertigte Meldung einer PR-Agentur, als ein ernst gemeintes Anliegen. Zumal Owetschkin auch deutlich machte: "Putin ist mein Präsident."
Und eben aufgrund dieser Einstellung dürfe seine Bestmarke nicht gefeiert werden, betont Dominik Hasek. Der Tscheche gehörte einst zu den besten Eishockey-Torhütern der Welt, gewann mit seinem Heimatland 1998 Olympiagold und zweimal mit den Detroit Red Wings den Stanley Cup. Er kritisierte in einem Post auf X am 27. März die NHL dafür, "während der mehr als drei Jahre andauernden Russischen Aggression" russische Profis nicht vom Spielbetrieb ausgeschlossen zu haben.
Lige betreibe "beste Werbung für den russischen Krieg"
Die Liga, so Hasek weiter, betreibe somit "beste Werbung für den russischen Krieg und alle mit ihm verbundenen Verbrechen gegen die Menschheit." Owetschkin erwähnt er mit keinem Wort, sondern nennt ihn lediglich "diesen russischen Eishockeyspieler." An die Fans gewandt meinte er, wer den neuen Rekord beklatsche, der applaudiere nicht nur einen historischen Meilenstein, sondern auch "Russlands entsetzliche Verbrechen."
Worte, die am Sonntag in der New Yorker UBS Arena niemanden interessierten. Er habe immer betont, so Gretzky, wenn Owetschkin seinen Rekord breche, werde er der Erste sein, der ihm gratuliere. Als er dies sagte und Owetschkin auf dem Eis umarmte, klatsche NHL-Commissioner Gary Bettman neben ihm laut Beifall.
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