Joshua Kimmich bleibt beim FC Bayern. Und reiht sich damit ein in eine illustre Riege von Starspielern, die Offerten aus dem Ausland für das heimische Wohlfühlpaket ausschlugen. Kimmich verpasst mit seiner Entscheidung gleich mehrere Chancen - aber darf nun gen Olymp schielen.

Joshua Kimmich hat's nicht gemacht. Und Jamal Musiala auch nicht. Vor ihnen scheuten bereits Thomas Müller, Bastian Schweinsteiger, Philipp Lahm und etliche deutsche Stars des FC Bayern den großen Schritt. Den Wechsel zu einem Top-Klub ins Ausland. Stattdessen bleibt Kimmich bis 2029 in München.

Während der 21-jährige Musiala noch Zeit hat, entschied sich Kimmich gegen die letzte Möglichkeit in seiner Karriere, einen Vertrag bei einem großen Verein in England oder Spanien zu unterschreiben. Der FC Liverpool, Manchester City und der FC Arsenal wollten, der FC Barcelona mit Supertrainer Hansi Flick sowieso. Auch Paris Saint-Germain soll dem 30-Jährigen ein konkretes Angebot unterbreitet haben. Ach, eigentlich hatte es halb Europa auf den DFB-Kapitän abgesehen.

Kimmich ist mit seiner Entscheidung in der Historie des deutschen Rekordmeisters nicht allein. Vielmehr ging geradezu eine gewisse Angst vor dem Auslandswechsel um in der jüngeren Vergangenheit. Schweinsteiger widerstand lange den Offerten von Real Madrid unter José Mourinho, um dann auf der Zielgeraden seiner Karriere noch mal bei Manchester United und Chicago Fire anzuheuern. Thomas Müller wurde Zeit seiner Karriere in England als "Raumdeuter" gefeiert und ein ums andere Mal umgarnt, aber kickt immer noch in München. Philipp Lahm, wie Schweinsteiger und Müller aus der Bayern-Jugend, wurde des Öfteren von Barça angefragt, aber der Rio-Weltmeister beendete seine Karriere beim deutschen FCB. Mehmet Scholl etwa widerstand schon 1996 einem lukrativen Angebot des FC Barcelona.

Sportliche und charakterliche Entwicklung verpasst

Zu Hause ist es immer am schönsten. Diese Denke setzte sich bei Kimmich am Ende durch. "Beim FC Bayern habe ich das beste Umfeld, um meine sportlichen Ziele zu erreichen. Danach habe ich entschieden. Es gibt für mich momentan kein besseres Paket aus Mitspielern, Trainerteam und Vereinsumfeld, um maximal erfolgreich zu sein", sagte Kimmich zwar. Aber auf dem Zenit seiner Karriere scheut er die Veränderung - und damit möglicherweise die Chance, sich noch einmal entscheidend weiterzuentwickeln. Am Rande des Champions-League-Achtelfinals zwischen Bayern und Bayer Leverkusen erklärte etwa Michael Ballack, wie ihn 2006 sein Wechsel von den Münchnern in die Premier League zum FC Chelsea noch einmal auf ein neues Niveau gehievt habe.

In der physischeren und schnelleren Liga Englands könnte Kimmich sich mit Blick auf die WM 2026 noch einmal verbessern. Spielerisch hätte der DFB-Kapitän unter Pep Guardiola bei Manchester City oder im Welt-Verein Real Madrid, der den FC Bayern in Sachen Größe und Ansehen klar übertrumpft, mit Kylian Mbappé, Jude Bellingham oder Vinicius Junior dazulernen können. Kimmichs Vorgänger im Kapitänsamt der deutschen Nationalmannschaft, Ilkay Gündogan, stieg beispielsweise erst in England unter Guardiola zu einem wirklich herausragenden Spielgestalter auf.

Auch charakterlich prägt und stärkt das Ausland: neue Kultur, neue Sprache, neues Umfeld. Das bildet weiter. Sich in ein anderes Land und einen anderen Verein hereinfuchsen zu müssen, ist eine Aufgabe. Meistert man sie, erntet man Respekt. Die Führungsqualitäten Kimmichs, die Leitwolf-Mentalität, hätten darunter sicher nicht gelitten. Im Gegenteil: Auch international wäre er im Standing aufgestiegen. Die Chance, einmal den Ballon d'Or oder die Trophäe des Weltfußballers in die Höhe zu halten, wären definitiv gestiegen. Höchstwahrscheinlich das Gehalt ebenso.

Aufstieg in den Bayern-Olymp

Aber Kimmich bleibt in München, weil das die einfachere Variante ist - und weil die Vertragsverlängerung ebenfalls ihre Pluspunkte mit sich bringt. Er wolle, dass etwas bleibt, sagt er per Video. Der 30-Jährige wird nun wohl in den Olymp der absoluten Bayern-Legenden aufsteigen und in einem Atemzug genannt werden mit den Müllers, Thomas und Gerd, mit Lahm, Schweinsteiger, Franz Beckenbauer, Uli Hoeneß und wie sie noch alle heißen. Auch das ist Standing.

"Er hat die DNA des FC Bayern seit Jahren verinnerlicht und verkörpert sie auf wie neben dem Spielfeld", sagt Sportvorstand Max Eberl nach der Verlängerung. Kimmich wird endgültig das Gesicht des größten Vereins in Deutschland werden und mit Musiala (womöglich auch mit Leverkusens Florian Wirtz) die nächste Ära des Rekordmeisters prägen. Das ist durchaus reizvoll. Ein weiterer Champions-League-Titel und ein Pokal mit der Nationalmannschaft müssen für den Erfolgsbesessenen das Ziel sein, denn die Bundesliga und der DFB-Pokal dürften Kimmich nach etlichen Triumphen nicht mehr sonderlich reizen.

Auch die familiäre Komponente darf nicht vergessen werden, auch wenn sie in den Verkündungen im Fußball-Business natürlich nicht erwähnt wird. Kimmich ist vierfacher Familienvater und wollte seine Frau und die Kinder nicht aus den vorhandenen Strukturen reißen. Ein verständlicher Grund, ein wichtiger.

Die große Auslandsangst, sie hat mal wieder zugeschlagen beim FC Bayern. Dabei hatten Toni Kroos, Lothar Matthäus oder Beckenbauer vorgemacht, wie es geht. Besonders Kroos reifte mit seinem Wechsel zu Real Madrid direkt nach dem WM-Sieg in Rio endgültig zum Weltstar heran. Joshua Kimmich hat andere Pläne. Ob sie sportlich die richtigen sind, wird sich auch bei der WM in anderthalb Jahren zeigen.

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