Die Region

Der Süden Myanmars beginnt in Mawlamyaing. Von dieser Stadt bis zum südlichsten Punkt des Landes in Kawthaung sind es knapp 800 Kilometer Luftlinie, diese Region nimmt große Teile des Isthmus’ von Kra ein. Der Besitz dieser schmalen Landbrücke war lange Zeit umstritten, sie wurde Ende des 19. Jahrhunderts schließlich zwischen der damals britischen Kolonie Birma und Thailand geteilt. Wobei Myanmar mit seiner an die Andamanensee grenzenden Küste heute über die schöneren Strände und reicheren Tauchgründe verfügt.

Der für Touristen erst seit wenigen Jahren zugängliche Süden Myanmars wirkt noch so unberührt wie Thailand vor 50 Jahren. Der größte Trumpf der Region ist der vorgelagerte Mergui-Archipel mit seinen 800 Inseln; manche sind nur winzige Felsen, andere haben immerhin eine Landmasse wie ägäische Urlaubsinseln. Dicht bewachsen und von strahlend weißen Sandstränden gesäumt, verteilen sich die mehrheitlich unbewohnten Eilande auf einer Länge von 400 Kilometern in der türkisfarbenen Andamanensee.

Lampi Island ist als Teil des 1995 gegründeten gleichnamigen Lampi Island Marine National Park am bekanntesten. Die artenreiche Insel liegt 20 Kilometer von Myanmars Küste entfernt und wird auf mehrtägigen Bootstouren ab Kawthaung angefahren. Myanmar versucht, den Archipel vor Overtourism zu schützen und gestattete deshalb nur den Bau weniger luxuriöser Resorts.

Viele Touristen zählt das Land allerdings ohnehin nicht: 2021 putschte sich das Militär an die Macht, es gilt ein landesweiter Ausnahmezustand und mehrere Staaten, darunter auch Deutschland, raten von Reisen in das tropische Land ganz oder teilweise ab. Einzelne Reiseveranstalter haben Myanmar trotzdem im Programm.

Heimat der Seenomaden

Jagdglück? Brauchen Myanmars Seenomaden nicht. Ganz gleich, ob sie vom Boot aus mit dem Speer den Fischen nachstellen oder ins Meer hinabtauchen – sie finden garantiert Essbares. Die Moken, wie die auf Booten im Mergui-Archipel nomadisch lebenden 3000 Ureinwohner heißen, haben sich perfekt an ein Dasein auf dem Wasser angepasst. Sie können minutenlang die Luft anhalten, 20 Meter tief tauchen und im Meer so scharf sehen wie an Land.

Als Myanmar 1997 seine südöstliche Küstenregion und die vorgelagerten Inseln für Ausländer öffnete, wuchs das Interesse an den Moken; Ethnologen wissen heute, wie ihre Gesellschaft funktioniert, woran sie glauben, welche Heilmittel sie nutzen. Und seit einige Familien auf Regierungsdruck hin ihre Kinder in Schulen schicken und sich zeitweise auf Inseln niederlassen, können auch Touristen die Moken besuchen, so auf Lampi, Jar Lann, Kyun Philar und Nyaung Wee Kyun.

Eisenbahn des Todes

1941 besetzte Japan im Zuge des Zweiten Weltkriegs Birma und Teile Thailands. In den okkupierten Gebieten ließen die Japaner eine grenzüberschreitende Bahnlinie bauen. Dafür wurden 61.000 kriegsgefangene Amerikaner, Briten, Niederländer und 250.000 zwangsverpflichtete Einheimische rekrutiert.

Wie viele lebten noch, als die ersten Züge Ende 1943 auf der unter schwersten Bedingungen gebauten Strecke fuhren? Und warum wurde die „Brücke am Kwai“ – der berühmte Streifen von 1957 erzählt die Geschichte der sogenannten Death Railway (Eisenbahn des Todes) – nicht am Fluss Mae Nam Khwae Yai in Myanmar gedreht, am Ort der Filmhandlung, sondern in Sri Lanka? Diese Fragen beantwortet das 2016 eröffnete Death Railway Museum in Thanbyuzayati, einer Stadt im Süden Myanmars. Auch eine Lok, mit der die japanischen Besatzer kriegswichtige Güter transportierten, ist ausgestellt.

Von der einst 415 Kilometer langen Strecke existieren nur in Thailand noch einige Abschnitte. Doch um eine Ahnung für das Leid der Gefangenen zu bekommen, die elf Monate lang Bäume für den Bau der Schwellen fällten, Brücken zimmerten, Felsen sprengten und zu Schotter zerkleinerten, kann man der Death Railway ein Stück von Thanbyuzayati aus in den Dschungel folgen; Waldschneisen weisen den Weg. Beim Bau der Strecke starben schätzungsweise 90.000 Menschen.

Delikates aus Myanmar

Myanmar-Reisende, die keinen Fisch mögen, haben es schwer im Land. Denn Reis und Nudeln, Gemüse und Salate, Suppen und Soßen – alles wird mit Nga Pi angerichtet, einem Gewürz aus fermentiertem Fisch. Im Süden Myanmars heißt die Fischpaste Sein Sar Nga Pi; sie riecht weniger fischig, weil ihre Grundlagen Garnelen sind.

Und wenn man keine Meeresfrüchte essen will? Dann bleibt als Alternative nur das Nudelgericht Mote Latt Thouk. Es enthält zwar ebenfalls fermentierte Würze, aber nicht von Fischen oder Garnelen, sondern vom Saft der Nipa-Palme. Als traditionelles südbirmanisches Gericht gibt es die Suppe überall – und wenn man sie nur mit Zitronengras bestellt, ist sie komplett vegan.

Gut für Schildkröten – und Urlauber

4000 Schildkröten verdanken ihr Leben der Lampi Foundation, darunter die vom Aussterben bedrohten Grünen Meeresschildkröten, die Echten Karettschildkröten und Lederschildkröten. Wahrscheinlich sind es jährlich sogar noch einige Hundert mehr gerettete Tiere, schätzt der Gründer der Organisation, Christopher Kingsley.

Der Amerikaner betreibt auf der Insel Wa Ale im Mergui-Archipel seit 2018 ein Öko-Resort und investiert 20 Prozent seiner Einnahmen in den Tierschutz – ein Win-win-Geschäft für Schildkröten und Gäste. Letztere können auf Wunsch dabei sein, wenn sich Schildkrötenbabys aus den 40 rund um die Uhr bewachten Brutlöchern buddeln und unter Geleit der Ranger ins Meer kriechen.

Das Zitat

„Nach buddhistischem Glauben wird, wer im Leben Böses tut‚ als Ratte oder Frosch wiedergeboren“

Das schrieb George Orwell in seinem Roman „Tage in Burma“ („Burmese Days“). In dem Erstlingswerk verarbeitete der Schriftsteller eigene Erfahrungen als britischer Kolonialbeamter Mitte der 1920er-Jahre. Ort der Handlung ist der fiktionale Distrikt Kyauktada, doch die Schilderungen basieren auf Orwells Erlebnissen in Moulmein im Süden des Landes, wo er ein Jahr stationiert war.

Mit seiner Kolonialarchitektur, den buddhistischen Klöstern der Einheimischen, den Kirchen der Briten und den Hindu-Tempeln für die damaligen indischen Zwangsarbeiter mutet Mawlamyaing, so der heutige Stadtname, wie aus der Zeit gefallen an.

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