Österbotten ist der perfekte Ort für Naturgenießer
Die Region Österbotten
Bottnischer Meerbusen heißt der nördliche Ausläufer der Ostsee. Das östliche Ufer gehört zu Finnland, die historische Küstenregion dort heißt Österbotten, was man auf Deutsch mit Ostbottnien übersetzen kann. Offiziell setzt sich die Großregion zusammen aus vier Einzelregionen, nämlich Nordösterbotten, Mittelösterbotten, Südösterbotten und Österbotten.
„Botten“ bedeutet auf Schwedisch so viel wie Boden oder Grund. Die schwedische Sprache spielt in Finnland eine wichtige Rolle, denn Finnland gehörte bis 1809 zu Schweden. Heute sind im ganzen Land Finnisch und Schwedisch offizielle Amtssprachen, wobei Schwedisch die Muttersprache von mehr als der Hälfte der rund 180.000 Bewohner ganz Österbottens ist.
Die Provinzhauptstadt Vaasa ist eines der finnlandschwedischen Zentren, es geht auf eine Gründung durch die Schweden im Jahr 1606 zurück: König Karl IX. Wasa (1550 – 1611) benannte sie einfach nach seiner eigenen Sippe. Auf Schwedisch heißt die Stadt Vasa, rund ein Viertel der Einwohner sind schwedischsprachig.
Zu den Besonderheiten der Ostsee zählen die sogenannten Schärengärten: Die meisten Schären hat Schweden, doch auch Finnland besitzt eine Reihe dieser kleinen und kleinsten, meist unbewohnten Inseln – gut 5600 liegen vor der Küste Österbottens.
Ein weiteres touristisches Highlight ist der Nationalpark Oulanka in Nordösterbotten an der Grenze zu Lappland, er beeindruckt mit Stromschnellen und Wasserfällen. Die Gegend ist das Revier von Adlern und Braunbären, Besucher können mit etwas Glück auch Rentiere und Elche, Raufußhühner und Spechte erspähen.
Wer wissen will, wie es sich weit oben im Norden lebt, der besucht das arktische Freilichtmuseum Nanoq in Jakobstad/Pietarsaari. Die Anlage – nur wenige Breitengrade unterhalb des Polarkreises gelegen – beleuchtet in einer Ausstellung berühmte Expeditionen zum Nord- und Südpol.
Das Museum besteht aus 18 für die Polarregion typischen Häusern, darunter eine Jagdhütte, eine Kirche, ein Goldgräberlager, ein Torfhaus sowie eine Rauchsauna, die bis heute in Betrieb ist. Der Innenraum wird mit einem Holzofen beheizt und ist komplett verrußt. Sobald es warm genug ist, wird der Rauch über Lüftungsklappen herausgelassen und die Saunagäste können sich ihrem Schwitzvergnügen hingeben. Wer einen rußverschmierten Po vermeiden will, sollte eine Sitzunterlage mitbringen.
Schärengarten vor der Küste
Die schmalste Stelle des Bottnischen Meerbusens tüpfeln Tausende Inselchen: der Kvarken-Archipel. Eine kleine Welt, herrlich zum Herumschippern und für Naturgenießer. Mit etwas Glück sieht man sogar Elche beim Baden.
Durch all die landschaftliche Schönheit weht ein Hauch Paris – der knallrote Leuchtturm mit Eisenfachwerk auf der Insel Valassaaret/Valsörarna wurde in Frankreich von Henry Lepaute entworfen, der für Gustave Eiffels Ingenieurbüro arbeitete und einige Jahre später am Bau des Eiffelturms mitwirkte.
Außerdem weist der Schärengarten eine geologische Besonderheit auf, die die Inselwelt zum Unesco-Welterbe gemacht hat: Hier hebt sich das Land, das während der letzten Eiszeit nach unten gedrückt wurde, wieder nach oben, wenn auch ausgesprochen langsam, um etwa neun Millimeter pro Jahr. Im Kvarken-Archipel findet sich eine weitere Besonderheit: Mit 1045 Metern ist die Replot-Brücke zwischen Vaasa und der Insel Replot Finnlands längste Brücke.
Tomatenkarneval in Finnland
Die kleine Küstenstadt Närpes/Närpiö ist die Tomatenhauptstadt Finnlands: In den Gewächshäusern der österbottnischen Gemeinde werden mehr als die Hälfte der finnischen Tomaten und gut ein Drittel der finnischen Gurken gezogen – auf insgesamt 99 Hektar unter Glas oder Folie.
Grund genug, jährlich rund um das erste Juli-Wochenende den Tomatenkarneval drei Tage lang jeweils bis in die frühen Morgenstunden mit Musik und Tanz zu feiern, schließlich sind die Nächte dank Mittsommernacht hell im hohen Norden.
Besucher können außerdem am längsten Tomatentisch der Welt (er misst Dutzende Meter) das rote, gelbe oder orangefarbene Fruchtgemüse kaufen, verschiedene Tomateneintöpfe und Gurkensuppen probieren, bei der Wahl von Fräulein Tomate und Herrn Gurke dabei sein und die vier lokalen Teams bei verschiedenen schrägen Wettkämpfen der Tomaten-Olympiade anfeuern, vom Stockpferd-Parcours-Reiten über einen Sprint-Orientierungslauf bis zum Nordischen Quiz.
Zu gewinnen gibt es originellerweise eine große Tüte mit Tomaten. Der Tomatenkarneval ist ausgesprochen populär: Er feiert 2025 bereits sein 40-jähriges Bestehen.
Alvar Aalto – der Vater des Modernismus
Es ist eine einfache Rechnung: Finnland plus Moderne ist gleich Alvar Aalto. Finnlands bekanntester Architekt und Designer wurde 1898 in Kuortane nahe Seinäjoki geboren, er starb 1976. Seinäjoki, Hauptort Südösterbottens, punktet heute mit dem Alvar-Aalto-Zentrum, das aus Bibliothek, Verwaltungsgebäuden und der Lakeuden-Risti-Kirche mit Glockenturm in Kreuzform besteht.
Schlichte und klare Formen prägen die Arbeiten des „Vaters des Modernismus“, dessen populärstes Designerstück bis heute produziert wird: die Aalto-Vase, ein Glaskunstwerk mit asymmetrischem Grundriss und gewellter Linienführung. Er entwarf es 1936 zusammen mit seiner Frau Aino, der Klassiker gehört zum Fundus des Museum of Modern Art (MoMA) in New York.
Lakritz zum Trinken
Die Finnen lieben Lakritze, und das nicht nur in fester, sondern auch in flüssiger Form – als Salmiakki. Dieser Lakritzlikör wird beim Spirituosenhersteller Koskenkorva in Südösterbotten produziert.
Das schwarze Mischgetränk aus Wodka und Salmiak-Lakritzbonbons wurde in den 1990er-Jahren auf dem finnischen Markt eingeführt und verkaufte sich so gut, dass es vom staatlichen Alkoholmonopol gleich wieder verboten wurde. Wegen der hohen Nachfrage wurde der Bann jedoch aufgehoben, allerdings hat der Salmiakki nun einen geringeren Alkoholgehalt und einen höheren Preis.
Fliegende Gleithörnchen
80 Meter weit kann ein Gleithörnchen durch die Luft schweben. Anzutreffen ist der kleine Nager mit den riesigen schwarzen Kulleraugen in der EU nur noch in Estland und Finnland, wobei Österbotten der westlichste und nördlichste Punkt seines Verbreitungsgebiets ist.
Die süßen Tierchen haben es 1982 sogar auf eine Briefmarke geschafft. Gleithörnchen in natura zu Gesicht zu bekommen ist allerdings schwierig, da sie nachtaktiv und scheu sind.
Das Zitat
„Wir sind nur glücklich, wenn wir unglücklich sind“
So erklärt Entertainer und Komponist Mauri Antero Numminen, Jahrgang 1940, die Mentalität seiner Landsleute. Darum komme auch der finnische Tango weit häufiger in Moll statt in Dur daher. Wie sehr die trotz ihrer Neigung zur Schwermut ziemlich tanzwütigen Finnen dem Tango verfallen sind, zeigt das seit 1985 jährlich stattfindende Tangofestival in Seinäjoki in Südösterbotten, das stets mehrere Tage dauert und mehr als 100.000 Besucher anlockt.
Die Fachwelt ist sich überwiegend einig, dass der Tango Anfang des 20. Jahrhunderts von Südamerika nach Finnland überschwappte. Filmemacher Aki Kaurismäki ist allerdings anderer Meinung: Er behauptet, dass finnische Bauern den Tango erfunden hätten, um Wölfe abzuschrecken.
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