Welche Gefahr geht für Europa von Russland aus? Der Chef des Bundesnachrichtendienstes skizziert ein konkretes Szenario mit Blick auf die Nato.

Der Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND), Bruno Kahl, hat sich besorgt über die Annäherung der USA unter Donald Trump an Russland gezeigt. Es gebe fast keinen Konflikt auf der Welt, "der sich gerade nicht ändert in seiner Bewertung durch die neue Administration in Washington", sagte Kahl der Deutschen Welle.

Nach seiner Einschätzung will Russland die Einheit des Westens auf die Probe stellen – insbesondere mit Blick auf den Nato-Beistandsartikel. In Russland gebe es Überlegungen, den Artikel 5 zu testen in seiner Zuverlässigkeit, sagte der Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND) der Deutschen Welle. "Wir hoffen sehr, dass das nicht stimmt und dass wir nicht in die Verlegenheit kommen, dass es getestet wird, aber dass es Russland will, uns testen, die Einheit des Westens auf die Probe zu stellen, davon müssen wir ausgehen", sagte er. 

Neue Drohkulisse durch Russland befürchtet

Die Nato setzt als Verteidigungsbündnis auf das Prinzip Abschreckung, und dafür ist vor allem Artikel 5 des Nordatlantikvertrags relevant. Er regelt die Beistandsverpflichtung in der Allianz und besagt, dass ein bewaffneter Angriff gegen einen oder mehrere Alliierte als ein Angriff gegen alle angesehen wird.

Interview Warum Russland als Weltmacht verschwinden wird

Wann Russland den Beistandsartikel austesten könnte, hängt nach Kahls Worten auch vom Verlauf des Ukraine-Krieges ab. Wenn dieser früher zum Stillstand komme als 2029 oder 2030, sei Russland auch früher in der Lage, mit seinen technischen, materiellen und personellen Mitteln eine Drohkulisse gegen Europa aufzubauen. 

"Und da kann es auch sein, dass eine konkrete Gefährdung, eine Erpressung vielleicht von russischer Seite aus gegenüber den Europäern früher stattfindet, als wir das früher berechnet haben", sagte Kahl. "Ein frühes Kriegsende in der Ukraine befähigt die Russen, ihre Energie dort einzusetzen, wo sie sie eigentlich haben wollen, nämlich gegen Europa."

Russland habe eine künftige Weltordnung vor Augen, wie sie Ende der 1990er Jahre in Europa bestanden habe – mit einem Zurückdrängen des Schutzes der Nato und einer Ausdehnung der Einflusssphäre Russlands in Richtung Westen – am besten ohne die Amerikaner in Europa, sagte Kahl.

DPA · AFP km
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