CDU-Flügel kritisiert Ministerliste als „befremdlich“ – Wagenknecht sieht „Angst“ bei Merz-Partei
Die Namen der designierten Unionsminister haben gemischte Reaktionen hervorgerufen. CDU-Chef Friedrich Merz hat auf Proporz nach Landesverbänden oder Strömungen in der Partei wenig Rücksicht genommen. Das kommt nicht überall in der Partei gut an.
So ist der CDU-Arbeitnehmerflügel (CDA) ist mit der Ministerriege unzufrieden. „Eine Bundesregierung ohne Beteiligung der CDA kannte ich bisher nur aus Zeiten, in denen die CDU in der Opposition war“, sagt CDA-Chef Dennis Radtke der „Süddeutschen Zeitung“. Dies sei befremdlich und falsch.
„Die Defizite beim sozialen Profil begleiten uns seit vielen Jahren und sorgen mit dafür, dass die öffentliche Wahrnehmung der CDU an vielen Stellen kaltherzig und unsozial ist, obwohl der Sozialstaat in seiner heutigen Gestalt von Christdemokraten geprägt wurde“, sagte Radtke weiter. Er „finde es befremdlich und falsch, dass kein Vertreter der christlich-sozialen Wurzel unserer Partei Teil des Kabinetts ist – das hat es von Adenauer bis Merkel nie gegeben“.
Weil die Landesverbände in Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein zwei designierte Minister stellen, regt sich in Niedersachsen Unmut. Bereits vor Bekanntgabe der offiziellen Liste zeichnete sich ab, dass mit Niedersachsen der drittgrößte Verband leer ausgeht. Von einer „Bankrotterklärung für die Führung der CDU Niedersachsen“ sei in niedersächsischen CDU-Kreisen die Rede, schreibt der „Tagesspiegel“. Merz zeige, dass „er keine Ahnung von Politik, Partei und Proporz hat – oder dass ihm das alles sogar egal ist“.
Kretschmer: „Glücksfall“ für Ostdeutschland
Lob für die Ministerliste äußerte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU). „Mit diesem Personal ist wirklich der Politikwechsel möglich“, sagte er. Die Personalvorschläge machten Mut. Es seien Menschen, die in der Wirtschaft, der Landes- und Wirtschaftspolitik gezeigt hätten, „dass sie es können“.
Kretschmer bezeichnete die designierte Wirtschaftsministerin Katherina Reiche als „Glücksfall“ für die Ost-Länder. „Sie kennt die besonderen Herausforderungen des Ostens und war in vergangenen Jahren immer wieder Fürsprecherin für die speziellen Belange, beispielsweise in ihrer Aufgabe als Vorsitzende des Deutschen Wasserstoffrats“, sagte er.
Brandenburgs CDU-Landesvorsitzender Jan Redmann begrüßte, dass die designierte Wirtschaftsministerin Katherina Reiche gebürtige Brandenburgerin ist. „Wir werden in der Bundesregierung sowohl auf der Minister-Ebene als auch auf der Ebene der parlamentarischen Staatssekretäre eine ganze Reihe von Persönlichkeiten haben mit einer ostdeutschen Biografie“, sagte Redmann.
Wenig begeistert von Reiche ist hingegen die AfD. Sie unterstellt der CDU-Politikerin, die Politik von Amtsinhaber Robert Habeck (Grüne) fortzusetzen. „Merz und seine Windparkministerin Katherina Reiche setzen für jeden sichtbar die unsoziale Politik der Ampel einer politisch-ideologisch festgesetzten Preistreiberei fort“, sagte Marc Bernhard, energiepolitischer Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion. Die AfD fordert ein Ende der CO₂-Bepreisung.
Wagenknecht: „Fankurve von Friedrich Merz“
BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht hält die Minister für ungeeignet. „Das ist eher die Fankurve von Friedrich Merz als ein Kompetenzkabinett“, sagte die Parteivorsitzende WELT. „Die Besten für unser Land? Dass die beiden wichtigsten Kabinettsposten – Wirtschafts- und Außenressort – nicht gerade mit politischen Schwergewichten besetzt werden, ist ein fragwürdiges Signal.“
Die Benennung der eher weniger bekannten Katherina Reiche (CDU) zur künftigen Wirtschaftsministerin zeige, dass die Union sich das Amt nicht zutraue. „Offenkundig hat die gesamte CDU-Führungsetage Angst vor dem Wirtschaftsministerium“, so Wagenknecht. Kürzlich entschied der CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann seinen Parteiposten zu behalten. Linnemann war zuvor als Wirtschaftsminister gehandelt worden. „Die Personalpolitik zeigt, dass die Bekämpfung der Rezession keinen hohen Stellenwert unter Schwarz-Rot hat“, sagte Wagenknecht WELT.
Auch mit dem künftigen Außenminister Johann Wadephul (CDU) ist Wagenknecht nicht zufrieden. „Wadephul ist zwar nicht Roderich Kiesewetter, aber auch mit ihm zieht ein Pro-Taurus-Minister in das Auswärtige Amt“, sagte die BSW-Chefin. „Wir bräuchten nach Annalena Baerbock aber dringend einen Diplomatieminister, der nicht eskaliert, sondern entspannt“, forderte sie.
Baerbock gratuliert Wadephul
Die scheidende Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) gratulierte ihrem designierten Nachfolger Johann Wadephul (CDU) zur Nominierung. „Herzlichen Glückwunsch zur Nominierung zum Außenminister, lieber Johann Wadephul“, schreibt Baerbock auf X. „Bei Deinem Einsatz in diesen absolut nicht einfachen Zeiten kannst Du Dich im Auswärtigen Amt auf ein Team der Extra-Klasse verlassen.“
Der Digitalverband Bitkom gratulierte dem neuen Digitalminister Karsten Wildberger zu seinem Posten. „Seine Kernaufgabe ist, Deutschland zu einem digital souveränen Land zu machen – in Wirtschaft, Staat und Gesellschaft“, sagt Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst. „Die Einrichtung des neuen Ressorts ist ein Meilenstein für Deutschland.“
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