Der Missverstandene
Im September 2013, ein halbes Jahr nach seiner Wahl zum Papst, gab der Argentinier Jorge Mario Bergoglio seinem Ordensbruder, dem italienischen Jesuiten und Journalisten Antonio Spadaro, sein erstes großes Interview als Oberhaupt der katholischen Kirche.
Spadaro hatte eine lange Liste mit Fragen vorbereitet, viele davon waren ihm von anderen Jesuiten aus aller Welt zugeschickt worden. Doch als sie so dasaßen im päpstlichen Zimmer des Gästehauses Santa Marta im Vatikan, folgte der Journalist einer spontanen Eingebung und stellte eine Frage, die gar nicht auf seinem Zettel stand.
„Wer ist Jorge Mario Bergoglio?“
Der Papst habe ihn schweigend angeblickt, so erinnerte sich Spadaro später, sodass der Journalist unsicher wurde. Hatte er etwas Ungehöriges gefragt? Doch dann habe Franziskus mit einem Zeichen zu verstehen gegeben, dass er die Frage akzeptiere, und schließlich habe er geantwortet: „Ich weiß nicht, was für eine Definition am zutreffendsten sein könnte … Ich bin ein Sünder. Das ist die richtigste Definition. Und es ist keine Redensart, kein literarisches Genus. Ich bin ein Sünder.“
Was auch immer Franziskus danach noch alles gesagt, geschrieben und getan hat: In all seinen Jahren an der Spitze der größten Religionsgemeinschaft der Welt sollten jene beiden Grundzüge stets wirkmächtig bleiben, die sich in dieser frühen Szene ankündigten: Mit diesem Papst trat das Petrusamt unbestreitbar in eine neue Phase demonstrativer Bescheidenheit und Demut ein, die die Vorstellung davon, was und wie Kirche sein kann und soll, nachhaltig verändert hat.
Gleichzeitig aber blieb Jorge Mario Bergoglio den Menschen, die ihm folgen sollten, den Gläubigen in aller Welt ebenso wie den Leuten aus seinem engsten Umfeld, bis zum Schluss auch immer ein Mysterium. Wer war dieser Papst wirklich, und was wollte er, jenseits von Stilfragen, mit seiner Kirche anstellen? Darauf gibt es bis heute keine klare Antwort. Gut möglich, dass er sie selbst nicht kannte.
Für ein Amt, das dazu da ist, die Einheit der Kirche zu bewahren, ist das ein Problem.
Dabei war die Wahl des Jorge Mario Bergoglio an sich erst einmal ein Signal, dass der weltweite Katholizismus tatsächlich stärker zusammengerückt sein könnte. Nachdem in Johannes Paul II. und Benedikt XVI. bereits die vorherige jahrhundertelange Reihe der Italiener auf dem Stuhl Petri unterbrochen worden war, wurde mit Bergoglio der erste Nicht-Europäer seit dem Mittelalter Papst, und der erste Südamerikaner überhaupt. Es passte zu einer Kirche, die in den meisten Erdteilen wächst, in Europa aber schwächelt.
Die Kardinäle seien diesmal „bis ans Ende der Welt“ gegangen, um einen neuen Papst zu finden, rief der soeben gewählte Franziskus am Abend des 13. März 2013 den Gläubigen von der Loggia des Petersdoms herab zu, und genau so schien er sein Amt auch in Angriff nehmen zu wollen.
Er übernahm die Rolle desjenigen, der von außen kommt, frei von Betriebsblindheit und alten Loyalitäten, immun insbesondere gegen all die Anfechtungen hoher (nicht nur geistlicher) Würdenträger, die er einmal in einer unter Vatikanmitarbeitern berüchtigten Weihnachtsansprache die „Krankheiten der Kurie“ nannte: Hartherzigkeit, Schranzentum, Habgier, Machthunger und das Vergessen der eigenen Überzeugungen (päpstlicher O-Ton: „geistliches Alzheimer“).
Franziskus, der Authentische
Als neuen Namenspatron wählte er sich Franz von Assisi, den Erzbettelmönch Italiens, den „armen Kerl“ („Poverello“) und großen Outlaw der Kirchengeschichte, dessen radikale Armenfürsorge und Christusnachfolge um ein Haar auf den Scheiterhaufen geführt hätte statt in den römischen Heiligenkalender.
Und so führte Franziskus die alte Spezialität des Papsttums, mit Gesten und Zeichenhandlungen Einfluss zu nehmen, in ganz neue Höhen und feierte gerade zu Beginn einen PR-Triumph nach dem anderen: die schwarzen Schuhe nach den roten Benedikts XVI., das einfache Brustkreuz, der gebrauchte Ford Focus, das Wohnen im vatikanischen Gästehaus statt im Apostolischen Palast, die Umwandlung der Sommerresidenz Castel Gandolfo in ein Museum, die Besuche auf Lampedusa bei den Flüchtlingen oder in der JVA Velletri bei Rom, wo er den Häftlingen die Füße wusch.
All das war plakativ, und teilweise war es bei Lichte besehen sogar kontraproduktiv (für die Sicherheit des Papstes nun auch noch im Gästehaus sorgen zu müssen, bedeutete für die Schweizergarde einen empfindlichen Mehraufwand; die Bewohner des Ortes Castel Gandolfo klagten indes furchtbar darüber, dass Franziskus seinen Sommer nicht mehr im dortigen Palast verbringen wollte, da dadurch die Touristenzahlen drastisch sanken).
Franziskus transportierte damit aber stets eine klare Botschaft, und er überschritt nie die Grenze zum Kitsch oder zur Selbstparodie, weil ihm gegeben war, was man nicht lernen und nicht simulieren kann – Authentizität.
Seine Gesten der Bescheidenheit und Nächstenliebe, seine Predigten über den Barmherzigen Samariter und sein früheres Engagement etwa für die Bewohner der Slums von Buenos Aires bildeten ein stimmiges Bild. Auch wer ihm persönlich begegnete, erlebte einen Mann, der in sich zu ruhen schien, der eine Ausstrahlung wacher Güte besaß, die nichts Gekünsteltes und auch nichts Mühsames an sich hatte. Franziskus fühlte sich wohl in der Gegenwart anderer, er war, wie es dem Apostelfürsten Petrus selbst einst prophezeit worden war, ein klassischer Menschenfischer.
So wurde er, der alte Mann an der Spitze einer alten Institution, im Digitalzeitalter zur internationalen Medienikone, deren Strahlkraft auch jenseits der katholischen Blase mit der eines Barack Obama oder einer frühen Greta Thunberg mithalten konnte. Und auch die Spötter innerhalb der Kirche, an denen es nicht mangelte und aus deren Sicht Kapitalismuskritik und Öko-Enzykliken nicht unbedingt die vordringlichste Aufgabe eines religiösen Oberhaupts gewesen wären, mussten zugeben, dass ausgerechnet die gewaltigste Inszenierung dieses Pontifikats eine dezidiert geistliche war: das epochale Corona-Gebet auf dem leeren Petersplatz.
Die Bilder des sichtlich bewegten Papstes, wie er im Coronajahr 2020 ganz allein durch den Regen über den menschenleeren Petersplatz humpelte, wie er vor dem legendenumrankten Pestkruzifix von San Marcello um Beistand in der Pandemie flehte („Herr, segne die Welt, schenke Gesundheit den Körpern und den Herzen Trost“), wie er schließlich schweigend und mit erhobener Monstranz der ganzen Menschheit den päpstlichen Segen spendete – diese Bilder haben sich fest ins kollektive Gedächtnis zumindest der Katholiken eingegraben.
Keine andere öffentliche Zeremonie davor oder danach hat das Drama der Pandemie, die Isolation und Verzweiflung der Menschen und ihre Sehnsucht nach Trost und Heilung in eine derart eindrucksvolle Ikonografie gebannt.
Ein Papst entgegen der katholischen Tradition?
Doch das Revolutionäre, das den Auftritten des „Papstes der Armen“ anhaftete, weckte auch Erwartungen, die Franziskus weder erfüllen konnte noch wollte. Würde er, der seiner Kirche ein neues Auftreten beibringen sollte, nicht auch bald ihren Kern verändern, und damit war gemeint: liberalisieren, modernisieren, linker machen?
Einzelne Passagen seines ersten und bis heute neben der Umwelt-Enzyklika „Laudato Si‘“ (2015) wichtigsten Lehrdokumentes, des Apostolischen Schreibens „Evangelii gaudium“ (2013), schienen in diese Richtung zu deuten. War dort nicht von einer „heilsamen Dezentralisierung“ die Rede, mit der Franziskus künftig regieren wolle? Hieß das nicht, dass Rom den Teilkirchen mehr Beinfreiheit zugestehen und regionale Sonderregelungen großzügig hinnehmen würde? Und wäre damit nicht auch absehbar, dass man auch die katholische Lehre selbst schon bald etwas lockerer würde handhaben können?
Vor allem in Deutschland verfestigte sich rasch das Bild des „Reformers“ Franziskus, der nun endlich all das abschaffen würde, was hierzulande an der katholischen Kirche schon seit Jahrzehnten als sperrig gilt, von der Absage an die Möglichkeit weiblicher Priester bis zum Zölibat. Jede Interviewäußerung, die sich auch nur im Entferntesten als Signal zu entsprechenden Plänen zurechtbiegen ließ, machte rasch Schlagzeilen, ob sich ihre Zuverlässigkeit nun belegen ließ oder nicht, während alle anderen Töne, die eher auf Bewahrung des Status quo hindeuteten, lange überhört wurden.
Gemeinsam mit dem Papst gegen die katholische Tradition und Hierarchie, das war das Modell, das man sich erhoffte und das man im Ernst für plausibel hielt. Die „Zeit“ montierte vorsorglich schon mal das Franziskus-Gesicht in ein Gemälde von Martin Luther. Solcherlei Missverständnisse stimulierten immer weiterreichende Pläne von einer neuen Kirche, was wiederum früher oder später zu Enttäuschung und Frustration führen musste.
Auch die Deutsche Bischofskonferenz und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) ließen lange nichts unversucht, um Franziskus irgendwie als Patron und inoffiziellen Schirmherren ihres Reformprogramms „Synodaler Weg“ zu vereinnahmen. Dabei war es in Rom ein offenes Geheimnis, dass der Papst den deutschen theologischen Debatten zunehmend misstraute, die sich so viel um Laienpartizipation und neue Moralvorstellungen drehten und so wenig um den christlichen Glauben selbst.
Der Brief an die deutschen Gläubigen
Als ihm die Sache unheimlich zu werden begann, entschloss sich Franziskus im Juni 2019 sogar zu einem spektakulären Schritt: Er schrieb allen Gläubigen in Deutschland einen Brief (eine derart historische Ehre erwies ihnen nicht einmal der deutsche Papst Benedikt XVI.), um einige Dinge zurechtzurücken. Er warnte sie vor „Trägheit und nebensächlichem Komfort“, kritisierte den ständigen „Wunsch nach Selbstrechtfertigung und Selbsterhaltung“ und beschrieb die notorische Weinerlichkeit der deutschen Diskussionen so: „Verstimmung, Apathie, Bitterkeit, Kritiksucht sowie Traurigkeit sind keine guten Zeichen oder Ratgeber.“
Die Verantwortlichen von Deutscher Bischofskonferenz und Zentralkomitee der deutschen Katholiken ließen sich von den Zeilen des Heiligen Vaters freilich nicht stören, sondern sprachen von „Ermutigung“ und „Unterstützung“ für ihren Kurs. Der deutsche emeritierte Kurienkardinal Walter Kasper, der Franziskus bei seinem Schreiben beraten hatte, kommentierte damals bitter, der Brief des Papstes sei „leider totgelobt und dann zur Seite gelegt worden“.
Für die deutsche Öffentlichkeit mochte man mit solchen Manövern den Eindruck des liberalen Franziskus noch eine Weile aufrechterhalten können. Kirchenintern aber wurde im Laufe des Pontifikats immer klarer, dass dieser Papst keine grundlegenden Reformen durchsetzen würde, wenn man von solchen Details absieht wie demjenigen, dass das Verbot der Todesstrafe mittlerweile im Katechismus steht.
Homosexualität ist für die Kirche immer noch Sünde (allen vermeintlich so dialogbereiten Äußerungen des Papstes zum Trotz). Priester müssen immer noch ehelose Männer sein (obwohl sich anlässlich der Amazoniensynode 2019 die ganze Weltkirche über die Möglichkeit verheirateter „Viri probati“ als Priester an den Rand der Spaltung gestritten hat).
Und Rom hat immer noch in allem das letzte Wort und setzt diese Autorität notfalls auch durch. Als das Bistum Trier vor einigen Jahren einmal, immer natürlich unter Berufung auf den vermeintlichen Geist von Papst Franziskus, eine große Gemeindereform durchsetzen und Laien bei der Verwaltung der Pfarreien mehr Mitsprache gewähren wollte, setzte die römische Kleruskongregation den Prozess kurzerhand aus, mit ausdrücklicher Billigung des Papstes. Bischof Stephan Ackermann musste nach Rom eilen, sich einnorden lassen und anschließend ein neues Gesetz schreiben. So viel zur heilsamen Dezentralisierung aus „Evangelii gaudium“.
Kontinuität nach innen
Nicht einmal den eigenen Apparat, die römische Kurie, deren Schwächen er bei der erwähnten Weihnachtsansprache so undiplomatisch benannt hatte, hat Franziskus wirklich erneuert. Die „Kurienreform“ war ein regelrechter Running Gag seines Pontifikats. Schon vor der Wahl Jorge Mario Bergoglios, im sogenannten Vorkonklave 2013, diskutierten die Kardinäle darüber, dass der kommende Papst die Behörden des Vatikans völlig neu aufstellen müsse. Die Kurie galt als veraltet, ineffizient und, unter dem frischen Eindruck des Vatileaks-Skandals, tedenziell illoyal und gefährlich. Wenige Tage nach dem Konklave kündigte Franziskus daher eine Reform an. Er installierte auch ein Beratungsgremium jenseits der offiziellen Kurienstrukturen, den sogenannten Kardinalsrat, das ihm bei der Erarbeitung des Gesetzestextes zur Seite stehen sollte.
Von da an wurde jahraus, jahrein an der Sache herumgedoktert, tauchten Entwürfe auf und verschwanden wieder, schien der überarbeitete Text kurz vor der Veröffentlichung zu stehen und drehte am Ende dann doch wieder die nächste Feedbackschleife durch den Vatikan. Am Ende, im März 2022, fiel der große Wurf aus, nichts wurde es mit völlig neuen Zuständigkeiten und Behörden, sondern dieses Ressort gab ein paar Zuständigkeiten ab und jenes bekam welche dazu, und ansonsten geht nun alles wieder so weiter wie bisher.
So rasant Franziskus also die Außendarstellung der Kirche veränderte, so sehr setzte er intern auf Kontinuität. Warum, dazu gibt es unterschiedliche Vermutungen. Manche, die den Papst erlebt haben, sagen, er sei bei aller grundsätzlichen Experimentierfreude am Ende unsicher gewesen, ängstlich, etwas falsch zu machen.
Andere meinen, Franziskus sei an vielen der Fragen, mit denen sich ein Papst üblicherweise beschäftigt, schlicht nicht interessiert gewesen: Dogmatische Feinheiten, über die Benedikt XVI. ganze Traktate hätte schreiben können, und zwar notfalls auf Latein, ließen ihn, den Charismatiker, kalt. Dasselbe gilt für Fragen von Governance, von der Optimierung der innerkirchlichen Verwaltungsabläufe und Entscheidungsprozesse: nicht seine Welt.
Diejenigen schließlich, die es ganz besonders gut mit Franziskus meinen, überhöhen seine Zögerlichkeit zum spirituellen Prinzip, wie es typisch sei für alle Jesuiten. Die Unterscheidung der Geister, wie sie im Jesuitenorden geübt wird, also das Abwägen widerstreitender Motive und Argumente vor wichtigen Entscheidungen in Form eines systematischen meditativen Prozesses, habe es nun einmal so an sich, dass es schon mal ein bisschen länger dauern kann mit einer Revolution.
Tatsächlich war „discernimento“ („Unterscheidung“) eines der absoluten Lieblingswörter des Papstes. „Wenn Franziskus eine Reformidee hat, setzt er sie nicht einfach um, sondern er betet darüber“, so hat es der eingangs erwähnte Journalist und Jesuit Antonio Spadaro einmal im Gespräch mit der Zeitschrift „Herder Korrespondenz“ gesagt. „Er horcht darauf, was diese Idee innerlich mit ihm macht – das ist typisch für die Spiritualität des heiligen Ignatius. Selbst wenn der Papst einen genialen Gedanken hat, von dem er selbst ganz beeindruckt ist, setzt er sich erst hin und wartet auf eine geistliche Bestätigung. Er betet darüber, und wenn ihn die Idee am Ende innerlich leer lässt, statt ihn zu bestärken, merkt er, dass es nicht der Wille Gottes war.“
Wir werden aus diesem Papst einfach nicht schlau
Die Tragik von Franziskus bestand darin, dass dieses „discernimento“ sich nur begrenzt als tauglich erwiesen hat für das Managen der Weltkirche. Statt zu versöhnen und auszutarieren, verstärkte es die Fliehkräfte. Allein die Tatsache, dass Franziskus viele Diskussionen grundsätzlich zuließ und nicht von vornherein abwürgte, erzürnte konservative Kräfte, die ihm mit immer größerer Skepsis gegenüberstanden. Dass sichtbare Änderungen dann aber doch so lange auf sich warten ließen beziehungsweise ganz ausblieben, ließ wiederum die Reformer zusehends verzweifeln, zu groß waren die Hoffnungen, die sie in ihn gesetzt hatten. So gab selbst mancher deutscher Bischof gegen Ende des Pontifikats hinter vorgehaltener Hand zu: Wir werden aus diesem Papst einfach nicht schlau.
Wer also war Jorge Mario Bergoglio?
Seine vorletzte Enzyklika „Fratelli tutti“ hat Papst Franziskus 2020 ausdrücklich als Zusammenfassung früherer Äußerungen angelegt. Man kann sie also als Vermächtnis lesen, als Überblick über das, was ihm in seiner Regierungszeit wirklich wichtig gewesen ist. Gerichtet war das Schreiben schon nicht mehr nur an Katholiken, ja, nicht mal nur an Christen, sondern an „alle Menschen guten Willens“. Und es ging nicht darum, was die Kirche tun oder nicht tun soll, sondern um die Frage, wie der Weltfrieden zu erreichen wäre.
In diesem Text steht relativ weit vorn, in Nummer 4, ein unscheinbarer Satz, der sich eigentlich auf den heiligen Franziskus von Assisi bezieht. Vielleicht hat der Papst ihn nur ganz beiläufig geschrieben. Aber angesichts der ganzen Anlage der Enzyklika klingt er nach mehr.
Er wirkt wie ein kleines, verstecktes Selbstporträt nach der Art, wie Renaissancekünstler irgendwo in einem großen Fresko im Vatikan ihr eigenes Konterfei verewigt haben. „Er führte keine Wortgefechte, um seine Lehren aufzudrängen, sondern teilte die Liebe Gottes mit“, schreibt Franziskus über Franziskus von Assisi, und man kann sich leicht vorstellen, dass er diesen Satz auch gern in seinem eigenen Leben verwirklicht gesehen hätte.
Reformpapst oder nicht, diese Frage dürfte an der Figur Franziskus letztlich schlicht vorbeigehen. Die Liebe Gottes mitzuteilen, und zwar in der ganzen Welt, auch jenseits der Kirche, mit Mund und Händen, darin bestand aus seiner Sicht die eine große Aufgabe des Papstes, die Aufgabe des Christentums.
Wortgefechte hingegen, gar solche um die Lehre oder überhaupt um die Kirche und ihre Verfasstheit, interessierten ihn weder, noch lagen sie ihm, dem Bescheidenen und Demütigen. Ihm, dem Papst der Armen. Ihm, dem Sünder, der nie einen öffentlichen Auftritt beendete ohne eine letzte Bitte zum Abschied an alle Menschen guten Willens: „Und vergesst nicht, für mich zu beten.“
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