Wo die USA und Russland sich ähnlicher sind, als man denkt
Im Vorwort zu seinem Buch "Strange Love" erzählt der renommierte irische Fotojournalist Seamus Murphy zwei Schlüsselerlebnisse aus seiner Kindheit in Irland. Das erste: 1963 sitzt Murphy als Dreijähriger auf den Schultern seines Vaters, als US-Präsident John F. Kennedy bei seinem Irland-Besuch den Dublinern zuwinkt. "Er war unser Star, ein Sohn Irlands." Wenige Monate später wurde Kennedy Opfer eines Attentats. Murphys Mutter weinte, sein Vater schwor, niemals nach Amerika zu fahren, "wo sie Götter produzierten, nur um sie dann zu zerstören".
Das zweite Erlebnis: Murphy ist zehn Jahre alt, als ein Lehrer den Kindern mit Horrorgeschichten über das kommunistische Russland und seine historischen Säuberungen der Kirchen Angst macht. "Wir mussten für die Verfolgten in der Sowjetunion beten", erinnert sich der Fotograf, "und uns wurde gesagt, die USA seien stark und gut."
Mit der alten Weltsicht auf Russland und die USA ist es vorbei
Diese alte, vertraute Weltsicht erdete uns alle – jahrzehntelang. Nun, mit dem zweiten Amtsantritt von US-Präsident Trump, ist es vorbei mit ihr. An ihre Stelle trat Verwirrung: Wer ist der neue Feind, wer noch Freund und Partner?
Seamus Murphy erlebte dieses Gefühl der geopolitischen Verunsicherung schon Jahre vorher. Bei Besuchen in der russischen Provinz fand er Landschaften und Szenen, die der Tristesse des sogenannten amerikanischen Rostgürtels von Pennsylvania bis Michigan glichen.

In Bildern von Reisen durch Russland und die USA zwischen 2006 und 2019 bringt Murphy dem Leser das seltsame Gefühl von Déjà-vu nahe, das er vor Ort immer wieder empfand. Sicher, heute mag manches Schlagloch gestopft, manche Fassade renoviert sein; was bleibt, ist die alltägliche Melancholie dieser Fotos, in der sich die USA und Russland erstaunlich ähnlich sehen.
Schnell verliert man beim Betrachten seiner Bilder die Orientierung: Ist das noch Pennsylvania oder schon Perm? "Der Kalte Krieg beruhte auf der scheinbaren Kluft zwischen diesen beiden Giganten und ihren gegensätzlichen Ideologien", sagt Murphy. "Heute sind der industrielle Niedergang beider Mächte und ihr verklärter Blick auf eine mythologisierte Vergangenheit nicht zu übersehen."
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