Rund 80 Jahre nach der blutigen Schlacht auf den Seelower Höhen soll an diesem Mittwoch der gefallenen Soldaten gedacht werden – mit einer Kranzniederlegung und einem stillen Gedenken am sowjetischen Ehrenmal. Doch inmitten des andauernden russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine bekommt diese Erinnerung eine besondere politische Brisanz.

Denn: Auch der russische Botschafter Sergej Netschajew hat seine Teilnahme angekündigt. Das Auswärtige Amt hatte zuletzt empfohlen, dass Veranstalter von ihrem Hausrecht Gebrauch machen können, um Vertreter Russlands und Belarus von solchen Gedenkveranstaltungen auszuschließen. Wie die Ukraine auf diese Debatte blickt – darüber hat WELT mit Oleksii Makeiev, dem Botschafter der Ukraine in Deutschland, gesprochen.

WELT: Herr Makeiev, der russische Botschafter will eine Gedenkveranstaltung zu Ehren der gefallenen Soldaten im Zweiten Weltkrieg besuchen. Wie geht es Ihnen damit?

Oleksii Makeiev: Soviel ich weiß, ist er nicht eingeladen, sondern er kommt einfach selbst. Das ist ein Zeichen dafür, wie die Russen den Zweiten Weltkrieg instrumentalisieren.

WELT: Es handelt sich um ein stilles Gedenken für eine der blutigsten Schlachten auf deutschem Boden. Ist es nicht – getrennt von der aktuellen Situation – notwendig, dass Vertreter aus Russland auch ihrer gefallenen Soldaten gedenken?

Makeiev: Aber somit entschuldigen wir die Kriegsverbrechen, die seit 2014 von den Russen begangen werden. Da müssen wir nochmals daran erinnern, es sind die Russen und die Nazi-Deutschen, die in den letzten 80 Jahren auf dem europäischen Kontinent Kriegsverbrechen begangen haben. Und ein Vertreter eines Verbrecherregimes, das mein Land jeden Tag mit Raketen, Bomben und Drohnen angreift, wäre unangebracht für ein europäisches Land.

WELT: Wird die Anwesenheit des russischen Botschafters mit Blick auf die ukrainischen Vertreter Konsequenzen haben?

Makeiev: Uns geht es vor allem um Menschen und um Erinnerung. Ich als Botschafter besuche keine sowjetischen Ehrenmale. Stattdessen lege ich am 8. Mai die Blumen an der neuen Wache (Denkmal in Berlin, Anm. d. Red.) nieder. In Erinnerung an die Opfer des Naziregimes in der Ukraine. Und um auch den Beitrag von Ukrainerinnen und Ukrainer zum Sieg gegen Nazi-Deutschland zu würdigen. Das ist ein stilles Gedenken.

Und wenn ich sage, die Russen versuchen, diesen Zweiten Weltkrieg zu instrumentalisieren: Sie sagen immer, es gab 27 Millionen Russen, die in diesem Krieg gefallen sind. Dabei wird die gesamte Sowjetunion als ein Land bezeichnet. Obwohl unter Opfern, Zivilisten und Soldaten, bis zu 10 Millionen Ukrainer waren. Die gesamte Ukraine wurde von Nazis besetzt. 1,3 Millionen Juden wurden von Nazis getötet. Über 600 Städte total zerstört. Die Zahl der Städte, die Russland heute in der Ukraine zerstört, und die Bilder aus der Ukraine, und die Bilder aus Konzentrationslagern von den Russen, kann man manchmal vergleichen mit dem, was die Nazis uns angetan haben.

„Jeden Montag muss ich die Flagge auf halbmast setzen“

WELT: Lassen Sie uns über die aktuelle Situation in der Ukraine sprechen. Seit dem Amtsantritt von Donald Trump wird zwar über die Ukraine verhandelt, aber nicht mit der Ukraine. Wie geht es Ihnen damit?

Makeiev: Es wurde mit der Ukraine gesprochen. Zuerst hat sich unsere Delegation mit der amerikanischen Delegation getroffen. Dann gab es ein separates Meeting von Amerikanern mit den Russen. Wir haben dem Vorschlag der Waffenruhe in der Luft, auf See und auf dem Boden zugestimmt, aber wir sehen, was die Russen damit machen. Sie beschießen uns jeden Tag. Jeden Montag muss ich als Botschafter die Flagge auf halbmast setzen, weil es einen Trauertag in der Ukraine gibt. Am Freitag vor einer Woche waren es Kinder in Krywyj Rih. An diesem Palmsonntag waren es über 30 Einwohner der Stadt Sumy, Zivilisten.

WELT: Müsste nicht der Druck auf die Amerikaner erhöht werden, damit es keine weiteren Zerstörungen in der Ukraine gibt?

Makeiev: Der Druck muss natürlich auf Russland gerichtet werden.

WELT: Ja, natürlich muss der Druck auf Russland erhöht werden, aber doch über die Amerikaner. Bei uns hört man immer nur Solidarität und Ankündigungen von Waffenlieferungen.

Makeiev: Waffen sind wichtig und Solidarität ist wichtig. Friedrich Merz hat klare Kante gezeigt in der Wahlkampagne und auch nach den Wahlergebnissen, dass die Ukraine weiter unterstützt wird. Wir hoffen, dass auch die neue Bundesregierung noch einen weiteren Schritt macht in dieser Unterstützung. Es ist in unserem gemeinsamen europäischen Interesse, auch heute in Betracht nehmend, was in den Vereinigten Staaten passiert, dass Europa selbst viel mehr für die eigene Sicherheit macht. Und die Ukraine ist auch Europa. Wir können dafür sorgen, dass wir Russland auch militärisch zu Verhandlungen zwingen.

WELT: Würde der deutsche Marschflugkörper Taurus tatsächlich unterstützend wirken? Viele Experten sagen: Das System kann man liefern, aber es würde möglicherweise nicht helfen, diesen Krieg schnell zu beenden. Was sagen Sie dazu?

Makeiev: Kein einziges System kann einen Krieg beenden. Aber Sie haben es richtig formuliert: unterstützend. Jede Waffe hat eine eigene Bestimmung. Taurus ist ein tolles System. Es ist den russischen Systemen überlegen. Und unsere Militärs werden bestimmt eine gute Anwendung dafür finden.

WELT: Herr Makeiev, danke für dieses Gespräch.

Hinweis: Dieses Transkript des Interviews bei WELT TV entstand mithilfe Künstlicher Intelligenz. Für bessere Lesbarkeit wurde das gesprochene Wort leicht abgeändert und gekürzt.

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