Der designierte Bundeskanzler Friedrich Merz plant für den Fall seiner rechtzeitigen Wahl eine unmittelbare Reise in die Ukraine, wohin Präsident Wolodymyr Selenskyj zum 9. Mai Staats- und Regierungschefs zu einem Gipfel der „Koalition der Willigen“ eingeladen hat. Das berichtet das Nachrichtenmagazin „Politico“, das wie WELT zur Axel Springer SE gehört.

„Am 9. Mai möchten wir ein Treffen der Koalition der Willigen auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs und unter Beteiligung von Präsident Selenskyj abhalten, um Sicherheitsgarantien für die Ukraine festzulegen“, sagte der per Video zugeschaltete ukrainische Außenminister Andrij Sybiha laut einem „Politico“ vorliegenden Redemanuskript am Montag beim EU-Außenminister-Treffen in Luxemburg.

Auch der deutsche Bundeskanzler — und damit sehr wahrscheinlich Merz — soll an dem Treffen teilnehmen. „Politico“ zitiert informierte Kreise in Berlin und Brüssel damit, dass eine mögliche Ukraine-Reise von Merz Anfang Mai in Vorbereitung sei. Neben Merz sollen auch andere hochrangige Regierungschefs wie der französische Präsident Emmanuel Macron und der polnische Premier Donald Tusk teilnehmen. Ein Sprecher von Merz wollte den Bericht nicht kommentieren.

„Das ist an Perfidie nicht mehr zu überbieten“

Am Sonntag hatte Russland die ostukrainische Stadt Sumy angegriffen und mindestens 34 Menschen getötet. Merz sagte in der ARD-Sendung „Caren Miosga“, es handele sich „eindeutig um ein schweres Kriegsverbrechen“. Es habe zwei Angriffswellen gegeben, und die zweite kam, „als die Helfer sich um die Opfer bemüht haben. Das ist an Perfidie nicht mehr zu überbieten“. Er warnte vor Naivität im Umgang mit Putin: „Das ist das, was Putin mit denen macht, die mit ihm über einen Waffenstillstand sprechen“.

Auf die Frage, ob er Taurus an Kiew liefern würde, antwortete Merz, er habe „immer gesagt, dass ich das auch nur in Abstimmung mit den europäischen Partnern tun würde“. Die Partner lieferten aber bereits Marschflugkörper, betonte der CDU-Chef: „Die Briten tun das, die Franzosen tun das, die Amerikaner tun es ohnehin.“

Die Lieferung müsse abgestimmt werden „und wenn es abgestimmt wird, dann sollte Deutschland sich daran beteiligen“. Der Kreml warnte daraufhin vor der Gefahr einer „Eskalation“. Merz unterstütze „diverse Maßnahmen, die zu einer neuen Eskalation führen können und unweigerlich dazu führen werden“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Montag vor Journalisten in Moskau.

US-Präsident Donald Trump sprach mit Blick auf den Angriff von „einer schrecklichen Sache“. „Mir wurde gesagt, dass es sich um einen Irrtum gehandelt hat. Aber ich denke, es ist eine schreckliche Sache. Ich denke, der ganze Krieg ist eine schreckliche Sache.“ Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, Brian Hughes, sagte, der Raketenangriff sei „eine klare und brutale Erinnerung daran“, dass Verhandlungen nötig seien, „um diesen schrecklichen Krieg zu beenden“.

Weder Trump noch das Weiße Haus erwähnten in ihrer Kritik Russland namentlich. US-Außenminister Marco Rubio hatte allerdings zuvor den „Opfern des heutigen schrecklichen russischen Raketenangriffs auf Sumy“ sein Beileid ausgesprochen.

Die russische Armee hatte das unweit der Grenze gelegene Sumy nach ukrainischen Angaben mit zwei ballistischen Raketen beschossen. Nach Angaben der Rettungskräfte der Stadt wurden bei der Attacke am Sonntag mindestens 34 Menschen getötet und weitere 117 verletzt, darunter 15 Kinder.

Der Angriff erfolgte zwei Tage nach einem Treffen des US-Sondergesandten Steve Witkoff mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Über die Ergebnisse der Gespräche wurde bislang aber nichts bekannt.

UN-Generalsekretär Guterres zeigte sich „zutiefst beunruhigt und schockiert“ und wies auf ein „verheerendes Muster ähnlicher Angriffe auf ukrainische Städte in den letzten Wochen“ hin. Angriffe auf Zivilisten seien „nach dem humanitären Völkerrecht verboten“, betonte er.

Sumy steht seit einigen Wochen verstärkt unter russischem Beschuss, nachdem russische Streitkräfte das ukrainische Militär aus der benachbarten russischen Region Kursk stark zurückgedrängt hatten. Die Stadt, die etwa 50 Kilometer hinter der Grenze liegt, war zuvor von heftigen russischen Angriffen verschont geblieben.

Der ukrainische Präsident Selenskyj forderte Trump nun auf, in die Ukraine zu reisen, um sich ein Bild der durch den russischen Angriffskrieg verursachten Zerstörung zu machen. „Wir möchten, dass Sie kommen und sich das ansehen“, sagte Selenskyj in einem im US-Sender CBS ausgestrahlten Interview an den US-Präsidenten gerichtet. Bei einem Besuch in der Ukraine würde Trump verstehen, „was Putin getan hat“.

Selenskyj: „Putin will uns komplett zerstören“

Trump war nach dem Beginn seiner zweiten Amtszeit zunächst deutlich auf Russland zugegangen und hatte Gespräche mit ukrainischen und russischen Vertretern in Saudi-Arabien auf den Weg gebracht. Vor dem Besuch Witkoffs in Moskau hatte er den Kreml aber zu mehr Entgegenkommen aufgefordert. Kreml-Chef Putin hatte einem Vorschlag für eine bedingungslose Waffenruhe in der Ukraine zuvor eine Absage erteilt.

Selenskyj sagte dazu: „Putin wollte den Krieg nie beenden. (...) Er will uns komplett zerstören.“ Darauf angesprochen, dass Trump ihn als „Diktator“ bezeichnet und der Ukraine vorgeworfen hatte, für den Krieg verantwortlich zu sein, sagte der ukrainische Präsident, dass „die russische Sichtweise“ in den USA vorherrsche. Dies sei bezeichnend für den massiven Einfluss Russlands auf die US-Politik.

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