Putin ist "kein übler Kerl" – so tickt der Trump-Vertraute Steve Witkoff
Steve Witkoff, Donald Trumps Sondergesandter sowohl im Nahen Osten als auch im Ukraine-Konflikt, ist eineinhalb Stunden von US-Moderator Tucker Carlson interviewt worden. Es war ein Gespräch, das in Europa vor allem auf Unverständnis stößt. Carlsons Plauderton, selbst bei Themen wie Krieg und Frieden, irritiert, und Witkoffs teils sehr positive, persönliche Einschätzung von Putin verstört umso mehr. So meinte er, Putin sei kein "übler Kerl" ("I don’t regard Putin as a bad guy").
Witkoff betonte dabei, dass diese Einschätzung auf persönlichen Begegnungen beruhe, nicht auf einer politischen Analyse. Dann schwärmte er von einem Porträt, das ihm der russische Präsident bei seinem zweiten Moskau-Besuch im März 2025 als Geschenk für Donald Trump überreicht habe – ein "gracious moment". Ein symbolischer Akt, der die persönliche Ebene der Verhandlungen unterstreicht. Der Ausdruck lässt sich nicht direkt ins Deutsche übertragen, könnte aber mit "gnädig, zuvorkommend, wohlwollend" umschrieben werden. Sichtlich bewegt erzählte er, Putin habe – angeblich – in einer Kapelle für seinen "Freund" Donald gebetet, als er vom Attentat auf Trump erfahren habe.
Diese persönliche Annäherung passt nicht zum europäischen Bild von Putin als Unperson, entspricht jedoch der Verhandlungsphilosophie von Trump und Witkoff. Es geht weniger darum, historisch im Recht zu sein, als in schwierigen Zeiten Vertrauen durch Respekt und Wertschätzung zu schaffen. Es wäre falsch, Witkoff als naiv zu sehen, der Putin auf den Leim gegangen sei.

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Kein Diplomat, aber ein Verhandler
Witkoff ist kein gelernter Diplomat; seine Karriere spielte sich außerhalb staatlicher Kreise ab. Der Anwalt gilt als Immobilientycoon und ist ein enger Freund Trumps. Sie kennen sich seit den 1980er Jahren, lange vor Trumps politischem Aufstieg, den Witkoff stets unterstützte – nicht nur mit Geld. 2024 war er Co-Vorsitzender von Trumps Inaugurationskomitee. Er zählt zu wenigen, die Trump über Jahrzehnte in Geschäft, Privatleben und Politik begleitet haben, ohne von ihm abhängig zu sein.
Persönlich loyal genießt Witkoff das volle Vertrauen des Präsidenten. Trotz seiner für europäische Ohren ungewöhnlichen Art ist er kein Neuling in Verhandlungen. Direkt, durchsetzungsstark und effektiv wird sein Stil genannt, eher vom Geschäftsleben als von Diplomatie geprägt. Das "Wall Street Journal" lobte ihn als klugen, umgänglichen und talentierten Verhandler. Er verkörpert Trumps "deal-making"-Philosophie: persönliche Beziehungen, klare Kommunikation und pragmatische Lösungen statt bürokratischer Protokolle. Selbst Kritiker räumen ein, dass er im diplomatischen Feld Probleme löst und schnell Ergebnisse liefert. Doch sie sorgen sich, sein Fokus auf kurzfristige Erfolge könne langfristige strategische Interessen gefährden – "quick wins" auf Kosten des "long game". Verteidiger würden einwenden, dass ein Ende des massenhaften Sterbens in der Ukraine mehr als eine Nebensache sei.

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Neuwahlen in der Ukraine
Zu Selenskyj äußert sich Witkoff weniger warm als zu Putin, aber auch nicht negativ – nach dem Eklat im Weißen Haus ein Fortschritt. Seiner Ansicht nach sind Gebietsabtretungen unvermeidlich, was Selenskyj in eine prekäre Lage bringt. "Kann Selenskyj politisch überleben, wenn er das anerkennt? Das ist die zentrale Frage im Konflikt", sagte Witkoff. Er glaube, Selenskyj tue sein Bestes. Doch andererseits scheinen dessen Tage gezählt. Auf Carlsons Frage nach Wahlen in der Ukraine antwortete Witkoff: "Ja, die wird es geben. Sie haben zugestimmt. Es wird Wahlen in der Ukraine geben." Witkoff ließ offen, ob dies unter internationaler Aufsicht geschehen solle. Details zu Zeitpunkt, Teilnehmern oder zugelassenen Parteien nannte er nicht. Damit folgt er einer Forderung Russlands. In den USA jedoch zweifeln Stimmen, ob eine Regierung, deren Legitimation durch Kriegsrecht und ausgesetzte Wahlen beruht, ein Friedensabkommen tragen könne.
Kern des Problems sind die von Russland annektierten, teils besetzten ukrainischen Oblaste. Witkoff zählte die vier Regionen – Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson – nur stockend auf. Ihre Zugehörigkeit nannte er den "Elefanten im Raum". Offensichtlich hat er die Oblaste, zumindest die russisch kontrollierten Teile, abgeschrieben. Realpolitisch nachvollziehbar: "Die Russen kontrollieren diese Gebiete de facto. Die Frage ist: Wird die Welt anerkennen, dass es russische Territorien sind?" Doch er legitimierte den russischen Anspruch zusätzlich: "Sie sprechen Russisch." Und verwies auf die höchst umstrittenen Referenden unter russischer Besatzung.

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Gebietsverluste scheinen unumgänglich
Aus dem Gespräch mit Carlson lassen sich die negativen Punkte leicht herausfiltern: die übertrieben positive Darstellung Putins, die Einsicht, dass Kiew große Teile seines Gebiets verlieren müsse, das Versprechen von Wahlen mit vagen Bedingungen. Unklar bleibt etwa, ob Ukrainer in Russland wählen dürfen. Im größeren Rahmen zeigt sich: Die US-Regierung will den Konflikt mit Russland beenden, da er amerikanische Interessen anderswo behindert. Die Ukraine solle so die Rechnung für einen russisch-amerikanischen Interessenausgleich in der Arktis zahlen. Witkoff nannte konkrete Beispiele wie gemeinsame Energielieferungen nach Europa.
Positive Aspekte sind schwerer auszumachen. Die Ukraine verliert derzeit am Boden, eine Wende ist nicht in Sicht. Kiews Verhandlungsposition schwindet, denn Kriegsresultate werden am Tisch nur widergespiegelt, nicht aufgehoben. Ein US-Ziel könnte sein, der Ukraine zumindest Charkiw, Cherson und Odessa zu sichern. Bei Konflikten um Grenzen, wie dem Hafen von Odessa oder den Reaktoren in Saporischschja, sollen "kreative" Lösungen helfen. Der erste Schritt wäre ein echter, umfassender Waffenstillstand, Witkoff sieht dies als Voraussetzung für Trumps Verhandlungsstrategie, um die Atmosphäre für Gespräche zu entspannen. Doch nur die Trump-Regierung scheint ein schnelles Ende der Kämpfe zu priorisieren. Beide Kriegsparteien wollen nicht als Verhinderer dastehen, forcieren aber auch keinen Waffenstillstand. Die Russen könnten die Zeit für weitere Gebietsgewinne nutzen, während die Ukraine nach der Niederlage bei Kursk versucht, an anderer Stelle russisches Gebiet als Verhandlungsmasse zu erobern.
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