Altkanzlerin Angela Merkel (CDU) lehnt eine abwertende Verwendung des Schlagworts „Putin-Versteher“ grundsätzlich ab. „Zu verstehen, was Putin macht, sich in ihn hineinzuversetzen, ist nicht falsch“, sagte Merkel der „Berliner Zeitung“. Dies sei eine grundlegende Aufgabe der Diplomatie, und damit etwas anderes als Putin-Unterstützer. „Es gibt keinerlei Entschuldigung dafür, dass er ein anderes Land überfällt. Aber den Diskurs über die Interessen Russlands muss man zulassen.“ Der Vorwurf „Putin-Versteher“ sei ein Totschlagargument.

Ihrer Wahrnehmung nach gehe es Putin sehr um Anerkennung – „gerade von Amerika“. Dieses Denken komme noch aus der Zeit des Kalten Krieges. Für Putin seien die relevanten Größen nicht Deutschland oder die Europäische Union, sondern die USA.

Merkel forderte eine Mitwirkung der internationalen Partner der Ukraine in einem möglichen Friedensprozess ein. „Wann die Stunde der Diplomatie geschlagen hat, kann nicht allein Präsident Selenskyj entscheiden, sondern die Ukraine nur gemeinsam mit ihren Unterstützern“, sagte Merkel mit Blick auf den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Sie fügte hinzu: „Denn wir als Freunde der Ukraine gehen ja auch ins Risiko für die Ukraine.“

Den öffentlich ausgetragenen Streit von US-Präsident Donald Trump mit Selenskyj im Weißen Haus vor zwei Wochen empfand Merkel nach eigener Aussage als bedrückend. „Ich hätte diese Begegnung so lieber nicht gesehen, zumal wenn man bedenkt, dass sie auch in ganz Russland gesehen wurde, auch von Präsident Putin“, sagte sie mit Blick auf Kremlchef Wladimir Putin.

Die Anmaßung der „angelernten Bundesbürgerin“

Im Interview sprach Merkel außerdem über ihr Verhältnis zu Ostdeutschland und ihre Vergangenheit in der DDR. Sie reflektierte noch einmal über die Anmaßung eines West-Journalisten, der sie in einem Text als „angelernte Bundesbürgerin“ bezeichnet hatte. Auf die Frage, ob sie sich immer noch Diskriminierungen wegen ihrer DDR-Biografie ausgesetzt sehe, sagte Merkel, grundsätzlich seien solche Bewertungen nicht vorbei. „Auch bei der Veranstaltung zur Vorstellung des Buches von Beate Baumann und mir im November 2024 habe ich das an manchen Stellen so erlebt und empfunden. Deshalb ist es wichtig, das zu thematisieren.“

Wenn sie auf Lesungen darüber berichte, seien die Leute richtig erschrocken, „nicht nur der Saal in Stralsund, auch der Saal in Köln“.

Auf die Frage, warum Friedrich Merz im Osten so unbeliebt sei, antwortete Merkel: „Verschiedene Typen sprechen verschiedene Gruppen an. Und Friedrich Merz ist sicher jemand, der eher das Sauerland verkörpert. Ich hatte auch bei Männern im Westen wenig Rückhalt, weil ich aus der DDR kam, gegen mich gab es auch viele Anfeindungen, später auch im Osten.“

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